Krefeld Verdi-Requiem mit Special Effects

Krefeld · Eine ungewöhnliche Aufführung erlebte das Publikum in der Lutherkirche: Sieben Sänger und ein Klavier ersetzten Chor und Orchester. Das Verdi-Ensemble Rhein-Ruhr überzeugte mit bestechend schönen Stimmen.

 Großes Requiem - kleine Besetzung: In der Lutherkirche brachte das Verdi-Ensemble Rhein-Ruhr die Messa da Requiem in Solistenfassung. Das völlig neue Hörerlebnis beeindruckte.

Großes Requiem - kleine Besetzung: In der Lutherkirche brachte das Verdi-Ensemble Rhein-Ruhr die Messa da Requiem in Solistenfassung. Das völlig neue Hörerlebnis beeindruckte.

Foto: T. Lammertz

Verdi steht für große Oper. Und seine Messa da Requiem gilt vielen als "die schönste Oper" aus seiner Feder. Der Komponist fährt schließlich wuchtige Mittel auf. Das Orchester ist fast ebenso besetzt wie im "Don Carlos" - mit einem Großaufgebot an Trompeten, Hörnern und Posaunen sowie einem Doppelchor und Solisten. Da schraubt man tunlichst alle Erwartungen an klangliche Opulenz herunter, wenn das Verdi-Ensemble Rhein-Ruhr mit einer ganz speziellen Bearbeitung in die Lutherkirche kommt: einer Solisten-Fassung mit neun Singstimmen und Klavier. Und dann fielen auch noch zwei Stimmen der Erkältungswelle zum Opfer. Requiem zu Acht!

Doch es wurde alles andere als ein Schmalspur-Verdi. Das Publikum erlebte am Volkstrauertag in der leider nur mäßig gefüllten Kirche eine hoch emotionale Aufführung mit Momenten tiefer Innigkeit.

Das Requiem wurde 1874 zum ersten Todestag des von Verdi hochgeschätzten Dichters Alessandro Manzoni uraufgeführt. In einer hoch komplizierten Komposition wird der Tod zum Klang - und das setzten die Duisburger exzellent um. Präzises Timing und bestes Verständnis für die Kirchenakustik nutzte Compes, um mit den Stimmen seines Ensembles Special-Effects zu setzen. Er ließ ihnen Raum, Volumen zu entfalten, straffte dann wieder das Tempo und überraschte mit opernhaft-kecken Passagen. Ein echter Frische-Kick. Die Soprane Birgit Casaretto, Melissa Gerecitano, Heike Schemmann und Kimberley Karnath ließen die zentralen Begriffe des Werks - Requiem (Ruhe) und Lux (Licht) - in ätherischer Zartheit wirken. Dazu Pia Leimanns bestechend schöner Mezzosopran - jeder Ton ein Seelenseufzer. Alles war so feindosiert, dass sie mit den beiden Männerstimmen in idealem Gleichgewicht schwangen. Tenor Wolfgang Döbler war in den Höhen angeschlagen, aber im "Ingemisco" von Compes unterstützt und im Zusammenklang mit den anderen Stimmen solide. Großen Eindruck machte Dirk Fried Karnath mit einem höhenstarken Bass, war zürnend und kraftvoll, wenn es gefragt war, aber auch weich und wehmütig.

Das enorme Niveau der Sänger, die aus unterschiedlichen Berufen kommen, gilt auch für den Pianisten. Verdis wildes Spiel mit rhythmischen und tonalen Wechseln setzte Thomas Hinz akkurat um, war nicht nur verlässliches Klangfundament, sondern weiterer Farbengeber.

Das Ensemble, das regelmäßig durch italienische Kirchen und Opernhäuser tourt, widmete den Abend den Erdbebenopfern aus Italien. "Wir waren dort, als die Erde bebte, und haben die Folgen gespürt. Heute haben wir auch in memoriam der dort gestorbenen Menschen gesungen", sagte Ensembleleiter Werner Compes am Ende. Und zum stillen, aber berührenden Gedenken war der Auftritt ohne große Besetzung ideal.

(RP)
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