Krefeld Tür des Xantener Doms aus Kupfergarn gewebt

Krefeld · Altes Handwerk und Hochtechnologie ergänzen sich bestens. Das zeigt eine Ausstellung in Burg Linn. Prachtstück der Schau ist ein gewebter Teppich aus Kupferfäden - ein Meisterwerk aus Krefeld.

 Aus fast sieben Kilo Metallfäden ist die Arbeit gewebt, die eine Tür des Xantener Doms nachbildet: Angelika Rösner (l.), Museumsleiterin Jennifer Morscheiser und Gisbert Rentmeister präsentieren das Highlight der Ausstellung.

Aus fast sieben Kilo Metallfäden ist die Arbeit gewebt, die eine Tür des Xantener Doms nachbildet: Angelika Rösner (l.), Museumsleiterin Jennifer Morscheiser und Gisbert Rentmeister präsentieren das Highlight der Ausstellung.

Foto: L. Strücken

Manchmal ist die Zeit ein genialer Designer: Wind und Wetter haben die Türen des Xantener Doms über die Jahrhunderte mit einer symbolträchtigen Patina belegt. Das rötliche Kupfer hat sich grünlich verfärbt. "Grün ist das Symbol der Hoffnung - aber auch der Vergänglichkeit", sagt Prof. Angelika Rösner. Auch deshalb war die Pforte für die Design-Dozentin der Hochschule Niederrhein ein geeignetes Objekt für den Dialog der digitalen Disziplinen mit historischem Handwerk. In ihrem Forschungsprojekt überprüft sie, wie sich alte Handwerkskunst mit neuen hoch technisierten Möglichkeiten verbinden lassen. Ergebnisse zeigt bis zum 3. Oktober die Ausstellung "Dialog" im Museum Burg Linn.

Prachtstück der Schau - das zur Eröffnung noch nicht fertig war - ist eine kunsthandwerkliche Meisterleistung, die mit der Präzision neuester Digitaltechnik umgesetzt wurde: eine fast 1:1-Nachbildung einer Tür des Xantener Doms, aus ungezählten Kupferfäden gewebt. Der Effekt ist verblüffend: Jeder Nagel, zig Schattierungen der oxidierten Oberfläche, jede Zeitspur scheint dreidimensional. Ein Meisterstück.

Und eine hochkarätige Tüftelarbeit. Rösner hat ein Foto der Xantener Domtür mit allen Möglichkeiten der Digitalisierung in allen Einzelheiten aufgeschlossen. Das war die Grundlage für Gisbert Rentmeister, daraus einen außergewöhnlichen Stoff zu weben. "Es musste gewebt sein, das war mir klar. Denn mit der Weberei hat die Digitalisierung im Textilbereich begonnen", sagt Rösner. Als der Computer die Lochkarte ablöste, eröffneten sich schier endlose Gestaltungsmöglichkeiten.

Gisbert Rentmeister ist in seiner Manufaktur einer der Letzten seines Standes, der solche Herausforderungen annehmen und umsetzen kann, findet die Design-Professorin, die den fünfstelligen Betrag für die Arbeit aus eigener Tasche bezahlt hat. Und der Krefelder Textil-Experte fing schnell Feuer für die Idee. Mehr als 200 Stunden tüftelte er an der Farbgebung des Webwerks. Er hat verschiedene Kupfergarne, zum Teil mit Messing oder Silber überzogen, manche mit durchscheinender "schwarzer Seele" (dunklem Faden), strängchenweise in Flüssigkeiten getaucht, um zu sehen, was wie schnell und wie stark zu welcher Farbe oxidiert. Dann hat er eine Spulmaschine so umkonstruiert, dass während des Aufwickelns der haarfeine Kupferfaden gleichmäßig mit der Oxidationsflüssigkeit besprüht wird. "Wenn man ein Knäuel eintunkt, dann reagiert nur die Oberfläche", sagt Rentmeister. Dann hat er verschiedene Metallgarne kombiniert und sich für 27 Effekt-Möglichkeiten entschieden, die die unterschiedlichen Hell-, Mittel- und Dunkelabtönungen zeigen sollten.

Doch beim Weben taten sich immer neue Schwierigkeiten auf, für die Rentmeister Lösungen ausknobeln musste. "Auf einen Zentimeter kommen etwa 150 Fäden. Normalerweise brauchte man auf zehn Zentimetern Höhe etwa ein Kilo Garn. Bei fast drei Metern wären das also drei Kilo gewesen. Doch ich kam nicht aus. Durch die Oxidierung hatte sich der Faden verändert." Die Arbeit, die etwa 2,90 Meter hoch und 1,30 Meter breit ist, wiegt jetzt das Doppelte, etwa sechs bis sieben Kilo.

Es ist ein Paradebeispiel für das Zusammenspiel von Handwerk, Können und Technik. Ein computergesteuerter High-Tech-Webstuhl hat pro Rapport (Mustersatz) 55.750 Schuss gesetzt. Für einen Handweber vor 100 Jahren wäre es ein Lebenswerk gewesen.

Die Ausstellung "Dialog" ist bis zum 3. Oktober im Museum Burg Linn, Rheinbabenstraße zu sehen. Im Rahmen der Schau gibt es am 14. September einen Workshop zum Farbmanagement mit den Möglichkeiten moderner Technologien für Unternehmen und Designer. Anmeldung: angelika.roesner@hs-niederrhein.de

(RP)
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