Ausstellung in Krefeld Frank Bernemann - der Bildbauer

Krefeld · Für seine Bilder kombiniert der Künstler Frank Bernemann Fotografie und Malerei - und legt bis zu 40 Schichten Wachs darüber. So entstehen Wandskulpturen. Zu sehen sind sie im Kunstspektrum der GKK. Irritationen sind erwünscht.

 Frank Bernemann mit seinem Bild "die überfülle wich immer einem vacuum" im Kunstspektrum. Die ausgestellten Bilder sind fast alle in den vergangenen anderthalb Jahren entstanden.

Frank Bernemann mit seinem Bild "die überfülle wich immer einem vacuum" im Kunstspektrum. Die ausgestellten Bilder sind fast alle in den vergangenen anderthalb Jahren entstanden.

Foto: ped

Das ideale Bild hat für Frank Bernemann gar keine Farbe. Höchstens einen zarten Hauch, der einen kaum wahrnehmbaren Kontrast zu Weiß bildet. Weiß ist die Farbe des 48-Jährigen. Das liegt in seiner Ausbildung verwurzelt. Bernemann hat an der Hochschule Niederrhein Kunst und Design studiert, als Keramiker war Porzellan sein Metier.

Doch keramisches Arbeiten allein war ihm zu wenig, als er 2006 sein Atelier im "Pausenhof", einer ehemaligen Schule an der Marktstraße, bezog. "Ich wollte bildhafter werden. Aber auf keinen Fall Maler", sagt er. So sind denn auch seine Bilder, die er bis zum 24. März im Kunstspektrum der GKK (Gemeinschaft Krefelder Künstler) ausstellt, keine Gemälde, sondern bildhafte Skulpturen, die er Schicht für Schicht aus Fotodruck, Öl- und Acrylfarbe sowie Wachs auf Holz aufträgt.

Die Ausstellung zeigt den Künstler an einer Schnittstelle seines Schaffens. Bernemann war viele Jahre über Galerien gut im Kunstbetrieb vernetzt. Sieben bis acht großformatige Arbeiten hat er im Jahr erstellt, alle gingen weg. "Ich hatte nie ein eigenes Bild für mich", erzählt er. Doch mehr hat es ihn gestört, dass es keinen Raum für Experimente gab, weil er ständig liefern musste. "Nach 150 Arbeitsstunden hat man keine Distanz mehr zu einem Bild. Man kann nicht mehr beurteilen, ob es gut ist." So ist er vor zwei Jahren aus dem Galerienbetrieb aus- und in die GKK eingestiegen. Er hat sich an kleinere Format gemacht, an Bilder, die für ihn kontrollierbarer sind. "Ich sehe sie an, und wenn etwas irgendwo nicht stimmt, dann schrubbele ich das Wachs ab und fange neu an."

Wachs ist wesentlicher Bestandteil der Arbeiten. "Ich mag seinen Geruch", erzählt Bernemann. Aber er schätzt auch seine Eigenschaften: Warm ist es weich und formbar, wenn es abkühlt, wird es fest. "Das ähnelt dem Porzellan, da ist es nur umgekehrt." Und er nutzt die Wirkung von Wachs, das opaque ist, durch diese Milchigkeit aber auch wie ein Schleier das Geheimnis der darunterliegenden Schichten bewahrt. Bis zu 40 Schichten Wachs trägt Bernemann auf, beitelt oder fräst Partien aus, füllt manche wieder mit Wachs auf, bohrt tief bis in die unteren Schichten hinein - da kommt der Bildhauer durch - und schafft so Kontraste und Spannungen, die das Auge erst realisiert, wenn es ein Bild analysiert und dem Entstehungsprozess auf die Spur kommt.

Grundlage seiner Bilder sind Fotografien, die Bernemann auf Reisen macht. In Menschengruppen fallen ihm Personen auf, die im Trubel still stehen, innehalten, als passten sie nicht ins Bild. Solche Irritationen setzt er in Szene, kombiniert dazu zwei, drei und mehr Hintergründe - Kulissen, die ineinander verschwimmen. Das vage Gefühl, in diesem Bilde stimme etwas nicht, lässt sich auch beim langen Betrachten kaum erklären. Eine kleine perspektivische Verrückung, ein verfremdetes Detail, das an ungewohnter Stelle plötzlich auftaucht, oder die Beine einer ins Wachs geschnittenen Figur, die sich beim Näherkommen in minimalistische Linien auflösen, zeigen, dass Auge und Hirn Täuschungen erliegen.

Bernemanns Bilder sind streng durchkomponiert. Dem Zufall überlässt er nichts. Dazu tragen auch seine Bildtitel bei. Sie heißen "still ist es. jetzt/" - wie der Titel der Ausstellung - oder "du bist dort wo nichts mehr stimmt". Solche Sätze, sagt Bernemann, fallen ihm beim Lesen auf. Wenn er später sein fertiges Bild betrachtet, kommen sie aus dem Unterbewusstsein hoch.

Es sind Bilder, die Augen und Intellekt beschäftigen. Es passt, dass der Krefelder Autor Thomas Hoeps zur Vernissage aus seinen Gedichten lesen wird. Zeilen wie "dann war plötzlich die Insel da / sie war einfach da / sie gehörte da nicht hin / aber sie war da und blieb / und alles änderte sich" fasst die Bilder-Schau auf zwei Etagen exakt zusammen. Es ist eine sehr ruhige Ausstellung, die Stille ausstrahlt. Auch wenn die immer irgendwo gestört wird. Aber diese Störstelle ist nicht greifbar.

Vernissage Morgen, 20 Uhr, Kunstspektrum, St.-Anton-Straße 90. Dauer bis 24. März.

(RP)
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