Krefeld "Stadt der Blinden" beim Festival Move!

Krefeld · Der Cooperativa Maura Morales gelingen in der Umsetzung der Literaturvorlage von José Saramago intensive Tanzmomente.

 Tänzerin Maura Morales stützt sich in ihrer Choreographie auf Passagen der Novelle und schildert verschieden Stadien des Überlebenskampfes.

Tänzerin Maura Morales stützt sich in ihrer Choreographie auf Passagen der Novelle und schildert verschieden Stadien des Überlebenskampfes.

Foto: Stadt

Im Saal ist es noch hell, als die Tänzer der Compagnie Cooperativa Maura Morales nach und nach die Bühne der Fabrik Heeder betreten. Sie sind schauen das Publikum mit intensiven Blicken an, um nach kurzen Drehungen wieder abzugehen und sich an den Rande der Bühne zu stellen. Allein Choreographin und Tänzerin Maura Morales steht noch da: Auf halber Fußspitze führt sie ihre Beine in unglaubliche Höhe, verschränkt Arme und Beine um ihren Körper herum und bricht die eleganten Bewegungen mit zackigen und schnellsten Sprüngen. Immer wieder sucht sie Kontakt zum Boden, aber auch zu ihrem vierköpfigen Ensemble, das sich in der Zwischenzeit wieder auf der Bühne im Viereck versammelt hat.

Erst jetzt geht das Licht im Zuschauersaal aus, gefolgt von einem lauten, bedrohlichen Knallgeräusch. Als Betrachter ist man spätestens jetzt mittendrin, hineingezogen in die "Stadt der Blinden". Sowohl tänzerisch als auch und schauspielerisch stark führen die Darsteller an diesem zweiten Move!-Festivalabend vor, wie sie die Sehkraft plötzlich verlässt. Taumelnd irren sie herum. Die Musik wird laut, es sind lange, schlagende Töne, die der Musiker Michio live produziert.

Wiederholt versuchen die Tänzer, Bewegungen aufzunehmen. Sie wollen sich aufrichten und knicken dabei immer wieder ein. Es sind unzählige Befreiungsschläge, die die Tänzer mit Intensität und unglaublicher Ausdauer führen. Schöne Formationen entstehen, wenn sie sich im Duett umklammern, sich küssen und wieder fallen lassen. Ihre Zuneigung wirkt schutzlos und kann dem Fortschreiten der Blindheit nicht standhalten. Es folgen angedeutete Fluchtversuche, die die Tänzer zurückwerfen, auf sich und ihre ausweglose Situation.

Maura Morales nutzt für ihre neueste Produktion die literarische Vorlage "Stadt der Blinden" von José Saramago. Der Autor erforscht in seiner Novelle wie eine an "weißer Blindheit" erkrankte Gesellschaft sich nach und nach auflöst. Bei Morales geht es weniger apokalyptisch zu. Sie stützt sich auf ausgewählte Passagen der Novelle und schildert unterschiedliche Stadien des Überlebenskampfes. Dabei entwirft das Ensemble immer wieder neue Bilder, die von der Bewusstwerdung der Erkrankung, von Liebe, Gewalt und Verzweiflung handeln und zum Schluss in der totalen körperlichen Verausgabung kulminieren. All das wird durch die herausragende Leistung der fünf Tänzer deutlich.

Der Werdegang der Düsseldorfer Compagnie ist beachtlich. Maura Morales wurde 2013 mit dem Kurt-Jooss-Preis ausgezeichnet und erhielt 2014 den Förderpreis der NRW-Landeshauptstadt im Bereich Darstellende Künste.

Am 31. Oktober findet unentgeltliche Workshop "Hand in Hand", für Kinder von drei bis sechs Jahren statt. In Begleitung eines Erwachsenen werden Unterschiedlichkeiten der Körper und Bewegungen spielerisch erforscht. Anmeldung unter 02151 - 583611 oder "kultur@krefeld.de". Am selben Tag, 20 Uhr, ist Morgan Nardi mit "This Boy (Remix)" als Solist zu erleben, anschließend tanzen Reit Shemesh & Overhead Project "The Boy who cries Wolf" ein zeitgenössisches Märchen für zwei Akrobaten. Weitere Infos und Tickets unter "http://www.krefeld.de/heeder"

(RP)
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