Krefeld St. Martin für Obdachlose in Fischeln

Krefeld · Die St. Martin-Geschichte ist eine Geschichte des Teilens. Das nahm der Betreiber des Vereinsheims des VfR Fischeln, Nico Dörnen, zum Anlass, gestern gut 50 Obdachlose aus Krefeld zu bekochen. Vorbild sind vergleichbare Aktionen des Schlagersängers Frank Zander ("Ich trink auf dein Wohl, Marie"), der seit Jahren kurz vor Weihnachten Tausende Obdachlose zum Essen einlädt.

 Mit großem Appetit aßen die Obdachlosen. Für viele war es die erste warme Mahlzeit seit Tagen. Entsprechend groß war die Dankbarkeit in den Gesichtern und Äußerungen.

Mit großem Appetit aßen die Obdachlosen. Für viele war es die erste warme Mahlzeit seit Tagen. Entsprechend groß war die Dankbarkeit in den Gesichtern und Äußerungen.

Foto: Lammertz

Das Vereinsheim am Vereinsgelände des VfR Fischeln an der Kölner Straße war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Doch kein Fußballspiel fand auf dem Gelände statt. Nicht einmal Kinder beim Training waren zu sehen. Und die Menschen in der Gaststätte waren nicht Eltern oder Fans des VfR Fischeln. Es waren Menschen, die normalerweise nicht in Gastronomiebetrieben anzutreffen sind. Es waren Obdachlose aus der Krefelder Innenstadt. Ein ganzer Bus voll der Ärmsten unserer Gesellschaft hatte sich eingefunden und genoss gleich zwei warme Essen und ein Unterhaltungsprogramm. Initiator dieser Aktion war der Betreiber der Gaststätte, Nico Dörnen. Gemeinsam mit seinem Angestellten Sven Gentkow hatte er den Bustransport der Menschen - das Fischelner Busunternehmen Schellen führte die Fahrt kostenlos aus - organisiert und auch die Speisen und Getränke zubereitet und finanziert.

"Ich habe einen Bericht über Frank Zander gesehen, der alljährlich in Berlin ein Weihnachtsfest für rund 3000 Obdachlose und Bedürftige feiert. Das hat mich inspiriert und gerührt, und ich wollte auch etwas Ähnliches auf die Beine stellen", berichtete Dörnen. "Dann habe ich mich etwas informiert und festgestellt, dass es um Weihnachten herum sehr viele karitative Angebote gibt. Darum habe ich St. Martin als Fest des Teilens gewählt." Da er aber vor allem wirklich obdachlosen Menschen helfen wollte, suchte er Partner, die ihn an diese heranführen konnten und fand sie in den "Krefelder Engeln". Diese kümmern sich seit Jahren um die Obdachlosen der Stadt und versorgen sie mit Essen, Hygieneartikeln und mehr. Unter diesen ist auch eine junge Frau, die bundesweite Bekanntheit erlangte: Sabrina Tophofen. Die 36-Jährige war einst Deutschlands jüngste Obdachlose und führte im Sommer einen viel beachteten Lauf nach Berlin durch (wir berichteten), um auf die Situation von Missbrauchsopfern aufmerksam zu machen.

Sie kocht seit Jahren zweimal wöchentlich für Krefelds Obdachlose und kam darüber mit den Engeln in Kontakt, wurde Teil davon. Auch sie war wie die anderen Helferinnen anwesend und berichtete über die Not der Menschen und die Freude zu helfen. Sie half, gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen, bei der Auswahl der Teilnehmer, damit wirklich die Bedürftigsten von der Aktion profitierten. "Wir konnten aber fast alle mitnehmen. Gut 50 Plätze gab es im Bus und in der Gaststätte und wir mussten nur drei aus gesundheitlichen Gründen zurücklassen. Einer leidet beispielsweise an einem MRSA-Keim. Das Ansteckungsrisiko wäre zu groß gewesen."

 Die Organisatoren der Hilfsaktion, Sven Gentkow (li.) und sein Arbeitgeber und Betreiber des Vereinsheims des VfR Fischeln, Nico Dörnen versorgten gut 50 Obdachlose mit Essen, Getränken und Musik.

Die Organisatoren der Hilfsaktion, Sven Gentkow (li.) und sein Arbeitgeber und Betreiber des Vereinsheims des VfR Fischeln, Nico Dörnen versorgten gut 50 Obdachlose mit Essen, Getränken und Musik.

Foto: Lammertz

Im Gespräch mit ihr, Dörnen und Gentkow erzählten alle drei über ihre Motivation für die Hilfe. Dabei zeigte sich auch die Herzlichkeit und Dankbarkeit, mit der die Bedürftigen auf ihre Helferinnen reagieren. Die Hilfsbereitschaft der Gastronomen rührte die Tophofen zu Tränen. Sofort kamen einige ihrer Schützlinge und boten Hilfe an und fragten, ob alles okay sei. Sie lächelte sofort wieder. "Nein, alles gut, ich habe nur etwas ins Auge bekommen, danke", erwiderte sie.

Insgesamt war es eine schöne, positive Atmosphäre, die von allen Seiten von großer Herzlichkeit geprägt war. Und es soll keine einmalige Aktion bleiben. "Wir wollten erst einmal probieren und Erfahrungen sammeln. Aber Ziel ist es schon, die Sache zu wiederholen", sagt Gentkow.

Zum Abschluss bekamen die Hilfsbedürftigen je eine Martinstüte mit Hygieneartikeln überreicht, ehe sie mit dem Bus wieder zurück in die Innenstadt gefahren wurden. Dies geschah pünktlich um 18.30 Uhr. Die Uhrzeit ist für die auf der Straße lebenden Menschen speziell im Winter äußerst wichtig, denn um 19 Uhr werden die Betten in der Notunterkunft vergeben. Wer zu spät kommt, der findet keinen Schlafplatz und muss im Freien übernachten. So sieht sie aus, die Lebensrealität der Menschen am äußersten Rande unserer Gesellschaft. Die Organisatoren äußerten, glücklich mit dem Erlebten, den Wunsch, dass sich auch weitere Nachahmer finden mögen, die den Menschen mit ähnlichen Aktionen helfen.

(RP)
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