Krefeld SPD-Ratsherr Mustafa Ertürk verdient an der Wohnungsnot der Flüchtlinge

Krefeld · Die Inrather Straße ist nicht unbedingt ein bevorzugtes Wohnquartier. Die Stadt Krefeld bezahlt für die Immobilie desSPD-Ratsherrn mehr als zehn Euro Warmmiete pro Quadratmeter für sieben Wohnungen - das sind über 50.000 Euro im Jahr.

 In dem Mehrfamilienhaus an der Inrather Straße hat die Stadt Krefeld sieben Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen aus Eritrea, Libanon, Syrien, Marokko und Serbien gemietet.

In dem Mehrfamilienhaus an der Inrather Straße hat die Stadt Krefeld sieben Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen aus Eritrea, Libanon, Syrien, Marokko und Serbien gemietet.

Foto: nos

Die Stadt Krefeld hat zur Unterbringung von Flüchtlingen im gesamten Stadtgebiet Wohnungen gemietet. Darunter auch in einem Objekt an der Inrather Straße 231. Den ersten Vertrag hat die Verwaltung am 1. Juli 2015 mit der Unternehmengesellschaft Via Real Finance UG geschlossen, andere folgten. Jährlich überweist die Kommune einen Betrag in Höhe von 50.700 Euro für sieben Wohnungen. Eigentümer der Immobilie ist der Krefelder SPD-Ratsherr Mustafa Ertürk. Der Kommunalpolitiker ist Mitglied beziehungsweise Stellvertreter in zahlreichen Ratsausschüssen - unter anderem auch im Unterausschuss für Flüchtlingsfragen.

Seine SPD-Fraktionskollegen wüssten nichts über die Angelegenheit, sagte der Ratsherr gestern auf Anfrage unserer Redaktion. "Ich habe noch andere Immobilien im Stadtgebiet und informiere nicht jeden darüber, was damit geschieht", sagte er. Auch in einem weiteren Objekt sei eine Flüchtlingsfamilie untergebracht.

In dem Mehrfamilienhaus an der Inrather Straße leben nach Auskunft der Stadt derzeit 21 Personen aus Eritrea, Marokko, Libanon, Serbien und Syrien in sechs von insgesamt sieben angemieteten Wohnungen. Die Kommune zahle dafür eine Warmmiete von knapp über zehn Euro. "Für alle sieben Wohnungen wird monatlich eine Bruttowarmmiete von 4225 Euro gezahlt", berichtete Stadtsprecher Timo Bauermeister auf Anfrage unserer Redaktion. Die Höhe der Warmmiete sei für die Gegend schon auffällig hoch, urteilte ein Experte von Haus und Grund. Für den Standard dort seien eher Kaltmieten von knapp fünf Euro üblich.

Das Mietgeschäft hat die Stadtverwaltung Krefeld nicht direkt mit dem Eigentümer - dem Ratsherrn Mustafa Ertürk - geschlossen, sondern mit der Via Real Finance UG. "Ich habe das Haus an die Gesellschaft verpachtet", erklärte Ertürk. Wenige Wochen vor der Unterschrift der Stadt Krefeld auf den ersten Vertrag zum Mietverhältnis informierte diese Gesellschaft die Altmieter, dass die Miete zukünftig auf das Konto der Via Real Finance UG zu zahlen sei. Unterschrieben ist die Nachricht auf Briefpapier der Gesellschaft Via Real Finance UG alleine von Mustafa Ertürk. "Ich habe mit der UG nichts zu tun, bin weder Gesellschafter noch Gründungsgesellschafter, noch Geschäftsführer", sagte der gelernte Bankkaufmann. In einem Handelsregisterauszug vom 7. November 2013 wird Ertürk allerdings als Gründungsgesellschafter genannt. Womöglich war das einmal geplant, sei aber nicht Realität geworden, berichtete ein Vertreter des Notariats Heribert Schmidt-Carré auf Nachfrage. Dass dieses Konstrukt wenig Transparenz schaffe, will Ertürk nicht unterschreiben. "Eine Verdunklung sehe ich nicht", betonte er.

Da ist ein Meerbuscher Anwalt anderer Ansicht. Er vertritt eine Mieterin aus dem Haus Inrather Straße 231. Die Seniorin hat Ertürk mit Datum vom 9. Mai 2017 vor dem Landgericht Krefeld auf Zahlung von 15.000 Euro Schmerzensgeld verklagt. Sie sei im Januar bei Glatteis auf dem ungestreuten Grundstück gestürzt und habe sich einen komplizierte Verletzung des Arms zugezogen. Operationen im Helios-Klinikum seien notwendig geworden und die Funktion des Arms wahrscheinlich dauerhaft eingeschränkt.

Der Meerbuscher Jurist beklagt, dass der SPD-Ratsherr auf seine Anschreiben zunächst nicht reagiert und an einer Aufklärung des Sachverhalts offenbar kein Interesse gehegt habe. Ertürk ist sich keiner Schuld bewusst. "Ich habe den Vorgang Ende April an meine Versicherung weitergeleitet", erklärte er und betont, zuvor keinerlei Einschreiben bekommen zu haben. Die Seniorin beklagt darüber hinaus, dass die Stadtwerke in Gestalt der Netzgesellschaft Niederrhein NGN in dem Mehrfamilienhaus an der Inrather Straße 231 vorübergehend die Energieversorgung abgestellt haben, nachdem offenbar Nebenkostenzahlungen nicht an den Energieversorger weitergereicht worden seien. Nach Recherchen unserer Redaktion trifft diese Schilderung zu. "Dazu liegen mir keine Informationen vor", sagte der Sozialdemokrat.

Sein Engagement an der Inrather Straße sehe er positiv. Die Stadt habe private Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen gesucht, um nicht noch mehr Turnhallen und Notunterkünfte belegen zu müssen. "Da habe ich als Krefelder mit Migrationsgeschichte geholfen", sagte der Ratsherr.

(sti)
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