Krefeld So haben Sie Krefeld noch nie gesehen

Krefeld · Die Foto-App "Prisma" ist der Hype der Stunde. Sie verwandelt Fotos in Kunstwerke - und bietet neue Perspektiven auf Vertrautes

 Scharfe Konturen, charakteristische Striche: Die Linner Burg wird durch die Prisma-Brille auf Rot, Grün und ein bisschen Blau reduziert.

Scharfe Konturen, charakteristische Striche: Die Linner Burg wird durch die Prisma-Brille auf Rot, Grün und ein bisschen Blau reduziert.

Foto: Thomas Lammertz/Prisma

Fast über Nacht sind die Nutzerzahlen der Foto-Bearbeitungs-App "Prisma" geradezu explodiert. Wer bei Facebook aktiv ist, konnte sich des Hypes und der Bilderflut in den vergangenen Tagen kaum erwehren. Es sind in erster Linie iPhone-Nutzer, die ihren Fotos mit der App einen "kunstgeschichtlichen Look" gönnen, denn fürs Android-Betriebssystem ist die App des Entwicklers Alexey Moiseyenkov noch nicht verfügbar.

Prisma verwandelt die Bilder in kleine Kunstwerke. Das nutzen derzeit auch viele Menschen und posten ihre verwandelten Werke auf Facebook oder versenden sie via WhatsApp.

 Schönste Landschaftsmalerei wie in den großen Werken des 19. Jahrhunderts: die Rheinbrücke.

Schönste Landschaftsmalerei wie in den großen Werken des 19. Jahrhunderts: die Rheinbrücke.

Foto: Thomas Lammertz/Prisma

Unsere Redaktion hat mal ein bisschen im Archiv gewühlt und geschaut, wie sich Krefelder Schätzchen im Look berühmter Kunstwerke so machen. Insgesamt gibt es bei "Prisma" mehr als 30 verschiedene Filter - und das Bild wirkt eine Sekunde später schon ganz anders. Da wird deutlich sichtbar, wie die Stimmung sich je nach verwendetem Filter stets wandelt. "Composition" zum Beispiel zerlegt die einzelnen Bestandteile des Fotos in schwarz umrandete Farbflächen, der Filter "The Scream" ("Der Schrei") hingegen lässt das Foto zu einem Werk Edvard Munchs mutieren, mit dramatischem, expressivem Rot.

Hätte Piet Mondrian, der Erfinder des Neoplastizismus, einmal den Theaterplatz besucht, er hätte wohl seine Freude an den geometrischen Strukturen des Seidenweberhauses gehabt. Und hätte er die Hexagone gemalt - das Ergebnis hätte gut so ausfallen können, wie das per App verfremdete Foto des RP-Fotografen Thomas Lammertz. Auch der Ostwall kann ein ganz anderes Gesicht zeigen. Der Prismafilter macht aus Bäumen und Gebäuden ein Mosaik, das sich in einem Malbuch für Erwachsene bestens machen würde. Der Stummfilmklassiker "Metropolis", den Fritz Lang 1925/26 drehte, gilt als erster Science-Fiction in Spielfilmlänge. Wie gut hätte das Kaiser-Wilhelm-Museum in der Bearbeitung in diese Ästhetik gepasst. Und im Inneren finden sich immerhin etliche Schätze aus dieser Zeit des Expressionismus. Ist das nun einfach App-Kitsch oder doch Foto-Kunst? Keine Frage: Bildbearbeitungsprogramme wie die Foto-App "Prisma" ermöglichen es Nutzern, nicht nur sich selbst ganz anders in Szene zu setzen, sondern auch Vertrautes wie ihre Heimatstadt neu zu entdecken. Fotografien können nicht nur Momentaufnahmen sein, sondern auch kleine Kunstwerke.

Ganz unbedarft sollte man jedoch nicht mit "Prisma" umgehen - insbesondere mit Blick auf Bildrechte und Nutzungsbedingungen.

(abu/mrö/ped)
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