Krefeld Sensationsfund am Hülser Berg

Krefeld · Zwei Naturschützer haben im Hülser Bruch den seltenen Frühlingskiemenfuß entdeckt. Der 1,5 Zentimeter lange Kleinkrebs galt eigentlich 30 Jahre als verschwunden. Der neue Fund zeigt die große Qualität des Bruchs.

Für die beiden Naturschützer Ludger Rothschuh und Günther Friedrich war es ein erhabener Moment; einer, wie man ihn auch in Vorzeige-Naturschutzgebieten wie dem Hülser Bruch in Krefeld nur noch sehr selten erleben darf. Als beide vor wenigen Tagen den Frühlingskiemenfuß im Fangnetz entdeckten, rief der Experte Friedrich: "So was Dolles habe ich lange nicht mehr erlebt." Die rare Krebs-Art, Millionen von Jahren alt, kommt sonst allenfalls in sehr wenigen und weiter östlich gelegenen Regionen Deutschlands vor. Krefelds Tierwelt ist jetzt um mindestens einen kleinen, wahrscheinlich sogar mehrere Einwohner reicher. Dies allerdings nur für kurze Zeit – nur im kühlen Frühlingswasser von 13 bis 15 Grad Celsius lebt der ein bis drei Zentimeter lange Kleinkrebs.

Das Glück des Limnologen

Professor Dr. Günther Friedrich ist Limnologe, ein Wissenschaftler, der Binnengewässer als Ökosysteme erforscht. Vor 30 Jahren war er schon einmal im Hülser Bruch und bekam von seinem damaligen Chef einen solchen Urzeitkrebs gezeigt. Unlängst erinnerte er sich im Gespräch mit seinem Freund Ludger Rothschuh wieder an den Naturschutzgraben. Er fragte sich: Würde es den Frühlingskiemenfuß dort noch geben? Viele Jahre lang war das Moor zu trocken. Doch Rotschuh berichtete, dass es in diesem Jahr dort wieder Wasser gab. Der Frühlingsmorgen vor wenigen Tagen war günstig. Beide stapften durch das Moor zum Teich – und machten die wichtige Entdeckung. Heute weiß Ludger Rothschuh: "Dieser Gang hat sich gelohnt."

Die Fläche, auf der beide die Krebsart fanden, ist im Besitz der Stadt. Seit 20 Jahren schon arbeitet der Naturschutzbund im Auftrag dort. Rothschuh holzte Erlen ab und mäht jährlich, damit sich die seltenen Pflanzenarten entwickeln können: Seggenarten, Veilchen, kleiner Igelkolben. Unter Fachleuten ist das renaturierte Hangmoor wegen seiner seltenen Pflanzenarten schon lange eines der Vorzeigeobjekte. Der Krebs-Fund adelt das Areal jetzt zusätzlich.

Wahrscheinlich acht Jahre lang, seit 2002 lagerte das Ei, aus dem der Krebs wurde, im ausgetrockneten Tümpel. Die Kresbeier können auch lange Trockenperioden überstehen. In diesem Frühjahr muss der Krebs durch das Wasser zum Leben erweckt worden sein. Günther Friedrich ist immer noch vernarrt: "Er bewegt sich auf skurrile Weise fort, liegt auf dem Rücken, streckt die Beine in die Luft und drängt wie ein Raupenfahrzeug nach vorne." Vielleicht gibt es schon bald wieder mehr dieser seltenen Tiere – "Die Stadt will das Moor dauerhaft feucht machen", sagt Friedrich; und rechnet mit neuen Funden.

(RP)
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