Krefeld Sensation in Linn: Vergessener Helm im Archiv ist 2600 Jahre alt

Krefeld · Eine kleine Sensation wurde gestern im Museum Burg Linn vorgestellt: Rund 60 Jahre schlummerte er im Archiv, erst kürzlich wurde der griechische Helm aus Bronze dort zufällig entdeckt. Er stammt aus dem siebten Jahrhundert vor Christus und ist damit 2650 Jahre alt.

 Eine Meisterleistung: der korinthische Helm, der im Archiv des Museums Burg Linn wiederentdeckt wurde.

Eine Meisterleistung: der korinthische Helm, der im Archiv des Museums Burg Linn wiederentdeckt wurde.

Foto: T.L.

Erstmalig ist er nun für die Öffentlichkeit zu sehen. Auch der Wissenschaft dürfte diese seltene Variante des sogenannten korinthischen Helmes wohl noch weitgehend unbekannt sein. Der bei weitem größte Teil der griechischen Helme ist aus Heiligtümern bekannt. Vom 7. bis zum 5. Jahrhundert vor Christus war die Weihung von Waffenteilen oder ganzen Rüstungen in Olympia so beliebt, dass heute noch bis zu 1000 Helme von dort erhalten sind. Ausgesprochen selten sind hingegen korinthische Helme mit einer ausgetriebenen Buschbahn, wie das Krefelder Exemplar sie besitzt. "In der Buschbahn wurde ein Stück Leder mit Pferdehaar eingespannt. Das ließ die Angreifer größer und furchteinflößender wirken", erklärte der Archäologe Hans-Peter Schletter. Im heutigen Sprachgebrauch würde man so etwas wohl als "Irokesen" bezeichnen. "Nur 20 Exemplare dieser Art sind heute bekannt. Sie sind ausschließlich in den Heiligtümern von Delphi und vor allem Olympia gefunden worden."

 Froh über den Fund: die neue Museumsleiterin Jennifer Morscheiser und Archäologe Hans-Peter Schletter, der seit einem Jahr im Museum Burg Linn arbeitet.

Froh über den Fund: die neue Museumsleiterin Jennifer Morscheiser und Archäologe Hans-Peter Schletter, der seit einem Jahr im Museum Burg Linn arbeitet.

Foto: Lammertz Thomas

In der Antike war Olympia das Heiligtum des Gottes Zeus und der Austragungsort der Olympischen Spiele. "Eine Vielzahl von Indizien spricht dafür, dass auch dieser Helm aus Olympia stammt und dort als symbolische Opfergabe dargebracht wurde", sagte der Archäologe, der seit einem Jahr im Museum Burg Linn arbeitet.

Er war es, dem das seltene Stück im Museumsarchiv aufgefallen war: "Ich war eigentlich aus einem ganz anderen Grund dort. Als ich den Helm sah, wusste ich sofort, dass es sich um etwas ganz Besonderes handelt." Die Tatsache, dass das vor ihm niemandem aufgefallen sei, erklärt er sich so: "Man hat ja völlig unterschiedliche Fachgebiete." Laut Inventarliste des Museums war der Helm von dessen damaligem Direktor, Albert Steeger, am 28. Februar 1956 zum Preis von 600 D-Mark in einem Kölner Kunsthandel erworben worden. Da der Helm nicht schlüssig in die Sammlung des Museums passte und Steeger kurze Zeit nach dessen Erwerb verstarb, hätten seine Nachfolger offenbar zunächst wenig damit anfangen können, und so sei das gute Stück im Museumsarchiv verschwunden, vermutet Schletter.

Um 700 vor Christus trat dieser besondere Helmtyp zum ersten Mal auf. "Er entwickelte sich rasch zum beliebtesten Helm der griechischen Infanterie, der ,Hopliten'. Das war sozusagen der griechische ,Leopard II' der Antike", so der Archäologe augenzwinkernd. Die weit in das Gesichtsfeld reichenden Wangenschirme und der Nasenschirm des Helms boten damals den perfekten Schutz in der Mann neben Mann dicht gedrängten Schlachtreihe. "Im Gegensatz zu den Helmen der römischen Infanterie, die Massenware waren, sind die korinthischen Helme Maßanfertigungen. Sie wurden von Generation zu Generation vererbt und mussten dann immer neu angepasst werden", so Schletter. Die Herstellung eines solchen Helmes aus einem einzigen Bronzeblech habe ein hohes Maß an technischen und handwerklichen Fähigkeiten erfordert, wie sie heutzutage gar nicht mehr vorhanden seien.

Dass der Helm heute in Krefeld zu bewundern ist, sei wohl der speziellen Art der damaligen Abfallentsorgung zu verdanken: "Damals haben die Besucher von Olympia gezeltet. Zur Versorgung hatte man Brunnen ausgehoben, die später mit Abfällen wieder zugeschüttet wurden", sagte Schletter. Auch mit der Zeit unansehnlich gewordene geweihte Helme aus Heiligtümern seien diesen Weg gegangen, wenn sie durch neue ersetzt wurden. Seit im Mittelalter der dortige Fluss Alpheios seinen Lauf geändert habe, seien in den vergangenen Jahrhunderten viele Helme freigespült worden und seit dem späten 19. Jahrhundert in den Kunsthandel geraten.

Zu sehen ist der Helm noch zwei Monate im Museum Burg Linn, Rheinbabenstraße 85, Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr.

(RP)
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