Krefeld Razzia im städtischen Bauamt

Krefeld · Die Ermittlungen zum Brand bei der Gaststätte "Haus Verberg" sind ausgeweitet worden: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Mitarbeiter der Stadt wegen Korruptionsverdachts. Die Polizei geht mittlerweile fest davon aus, dass Brandstiftung die Ursache für das Feuer in Haus Verberg war.

Krefeld 2014: Feuer im "Haus Verberg"
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Krefeld 2014: Feuer im "Haus Verberg"

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Staatsanwaltschaft und Polizei haben gestern Vormittag Büroräume des Fachbereichs Bauordnung an der Parkstraße in Uerdingen durchsucht. Nach Auskunft der Stadt wird gegen einen Mitarbeiter wegen des Verdachts der Korruption ermittelt. Der Verdacht war im Zuge von Ermittlungen wegen Brandstiftung beim "Haus Verberg" entstanden. Bei der Gaststätte an der Moerser Landstraße war im November 2014 der Dachstuhl ausgebrannt - Polizei und Staatsanwaltschaft gehen heute davon aus, dass Brandstiftung die Ursache war. Die Gaststätte ist mittlerweile abgerissen. Dort soll Wohnbebauung entstehen.

Bei der Razzia gestern wurden nicht nur Büroräume der Stadt, sondern auch zwei Privatwohnungen und ein Geschäftssitz durchsucht. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Feuer im Haus Verberg "die Grundlage für die Neubebauung des dazugehörigen Grundstücks" geschaffen habe. "Zudem haben sich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für einen Korruptionsverdacht gegen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Krefeld ergeben", teilte die Polizei weiter mit.

 Das Grundstück, auf dem die Gaststätte "Haus Verberg" stand, ist geräumt. Dort soll Wohnbebauung entstehen. Auf dem "Haus Verberg" stand ein Mobilfunkmast - war er das Motiv für die Brandstiftung? Es gab eine Abrissgenehmigung für das Gebäude.

Das Grundstück, auf dem die Gaststätte "Haus Verberg" stand, ist geräumt. Dort soll Wohnbebauung entstehen. Auf dem "Haus Verberg" stand ein Mobilfunkmast - war er das Motiv für die Brandstiftung? Es gab eine Abrissgenehmigung für das Gebäude.

Foto: T.L.

Die Chronologie der Ereignisse wirft die Frage auf, welchen Sinn die Brandstiftung gehabt haben soll. Die Baugenehmigungen für die geplante Wohnbebauung waren im Juli und im August 2014 erteilt worden; die Abrissgenehmigung für das Gebäude folgte im September 2014 - der Dachstuhlbrand war danach im November 2014.

Das Grundstück ist mittlerweile geräumt; auf dem Gelände entstehen ein Mehrfamilienhaus mit fünf Mietwohnungen sowie im hinteren Bereich an der Leydelstraße zwei Doppelhaushälften. Auf dem Parkplatz gegenüber entstehen direkt an dem Kuhlengewässer auf rund 1000 Quadratmeter fünf Gärten für die künftigen Mieter. Die Stadt hat nach Bekanntwerden des Korruptionsverdachts gegen ihren Bediensteten die Genehmigungen geprüft. Sie seien korrekt erfolgt, hieß es, es gebe keinen Anlass anzunehmen, dass die Baugenehmigungen nicht rechtskonform erteilt worden seien.

 16. November 2014, gegen halb vier Uhr früh: Das leerstehende "Haus Verberg" an der Moerser Landstraße steht in Flammen. Die ehemalige Eigentümerin des Gebäudes, Renate Trappmann, hatte das Haus rund ein Jahr zuvor verkauft.

16. November 2014, gegen halb vier Uhr früh: Das leerstehende "Haus Verberg" an der Moerser Landstraße steht in Flammen. Die ehemalige Eigentümerin des Gebäudes, Renate Trappmann, hatte das Haus rund ein Jahr zuvor verkauft.

Foto: L.S.

Laut Holger Göppert, Baukoordinator für den Krefelder Investor, hatte Renate Trappmann als frühere Besitzerin des "Haus Verberg" das Gebäude an einen Mitarbeiter des Bauordnungsamtes verkauft. Nachdem die fälligen Genehmigungen vorgelegen hätten, habe der es an den Investor weiterverkauft. Nach Informationen unserer Zeitung ist es jener städtische Mitarbeiter, der als Übergangsbesitzer fungierte, gegen den ermittelt wird. Er ist mittlerweile vom Dienst freigestellt.

Auch das Büro von Göppert ist durchsucht worden. "Es wurden Akten eingesehen und einige Pläne mitgenommen. Die Polizei muss ja den Brandstifter ermitteln", sagte Göppert. Auflagen, die Arbeiten an der Moerser Landstraße einzustellen, gebe es nicht. "Wir machen weiter. Zurzeit wird der Abbruchschutt abgefahren." Die Frage, warum jemand ein Haus anzündet, das leer und nicht mehr versichert ist und für das eine Abrissgenehmigung vorliegt, ließ Oberstaatsanwalt Stahl auf Anfrage offen. Er wolle nicht spekulieren, sondern die Ermittlungsergebnisse abwarten, sagte er. Versicherungsbetrug schloss er aber aus, weil es für das Gebäude keine Versicherung mehr gegeben habe. Offen bleibt damit auch, ob in dem Mobilfunkmast, der auf "Haus Verberg" stand, das Motiv für die Brandstiftung steckt. Es steht die Frage im Raum, ob ein langfristiger Vertrag den Baustart verzögerte.

 In diesem Gebäude an der Parkstraße in Uerdingen durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft gestern Büroräume der Bauverwaltung.

In diesem Gebäude an der Parkstraße in Uerdingen durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft gestern Büroräume der Bauverwaltung.

Foto: Thomas lammertz

Zum Stichwort Korruptionstatbestand erläuterte Oberstaatsanwalt Stahl allgemein, dass das Strafrecht zwischen Vorteilsnahme und Bestechung unterscheide. Vorteilsnahme liege vor, wenn ein Mitarbeiter Zuwendungen annehme, die nicht mit tief in privaten Umständen liegenden Verbindungen zu erklären seien. Auch ein städtischer Bediensteter darf natürlich Geschenke von Freunden annehmen, aber die berühmte Kiste Schampus nach erteilter Baugenehmigung ist eindeutig eine Grenzüberschreitung, und zwar auch dann, wenn die Baugenehmigung völlig korrekt erteilt wurde. Von Bestechung spricht man, wenn entweder illegale Entscheidungen mit Zuwendungen belohnt werden oder - wichtig für eine Verwaltung - wenn im Zusammenhang mit Ermessensentscheidungen Geld fließt. Wieder ändert es nichts am Vorwurf der Bestechlichkeit, wenn die Ermessensentscheidung einwandfrei ist.

Die Bestimmungen zur Korruption seien in Deutschland streng, betonte Stahl: "Es soll schon der Anschein von Käuflichkeit vermieden werden." Der Druck des Gesetzes sei erfolgreich: "Deutschland ist flächendeckend korruptionsfrei. Fälle wie der Krefelder sind Ausnahmen." Zu der Frage, ob in Krefeld wegen Vorteilsnahme oder Bestechung ermittelt wird, sagte Stahl aus ermittlungstaktischen Gründen nichts.

(RP)
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