Krefeld Prinz René: „Wählt die AfD aus dem Parlament raus"

Krefeld · Eine überraschend deutlich politische Botschaft hat Krefelds Karnevals-prinz René I. für den Rathaussturm gewählt. In ganz Krefeld begann gestern der Straßenkarneval.

Vor dem Rathaus wurden auch wilde Tiere gesichtet.

Vor dem Rathaus wurden auch wilde Tiere gesichtet.

Foto: T.L.

Um 16.12 Uhr waren die närrischen Massen nicht mehr zu halten: Unter Führung von Prinz René I. - Prinzessin Sabine II. ist leider erkrankt und konnte nicht teilnehmen - stürmten Prinzengarde, Westgarde und zahlreiche Jecken das Krefelder Rathaus am Von-der-Leyen-Platz. Zuvor hatte Gabriele Leigraf als altes Weib die Einpeitscherin gegeben und Oberbürgermeister Frank Meyer mürbe geredet: "Ihr werdet jetzt den Oberbürgermeister richtig arbeiten sehen", sagte sie kurz vor der Erstürmung. Arbeit: Das war in diesem Fall ein Tanz mit Jugendlichen der Tanzgruppe Pipacsok Siebenbürgen, die in entzückenden Trachten einen Volkstanz darboten. Zufrieden mit der Leistung des Oberbürgermeisters war Leigraf nicht: "Nicht diskutieren - bewegen", rief sie Meyer zu, "das ist kein Arbeitskreis."

Frank Meyer sollte später von einem "dreckigen Trick" reden: Ihn mit Tanz abzulenken und dann im Moment der Schwäche das Rathaus stürmen. Meyer hatte eine Helden-kluft gewählt: Er kam als Zorro, doch alles nutzte nichts. Oben auf dem Balkon des Rathauses übernahm Prinz René das Zepter: "Wir haben das Rathaus erstürmt, wir haben die Macht für die nächsten fünf Tage. Ich bin heiß wie Frittenfett, ich freu mich wie Sau", rief er einigen hundert Narren auf dem Rathausplatz zu.

 Die Presseabteilung des Rathauses, oben Timo Bauermeister.

Die Presseabteilung des Rathauses, oben Timo Bauermeister.

Foto: Jens Voss

Meyer blieb nur, seine Niederlage einzugestehen: Das Rathaus in Narrenhand - "ich weiß nicht, ob ein Unterschied zu den übrigen 360 Tagen besteht, wir werden sahen", sagte er.

Prinz René wurde dann doch auch ernst und politisch: Man habe sechs Monate ohne Regierung erlebt, und nie hatte der Staat mehr Geld und nie waren die Arbeitslosenzahlen geringer, sagte er. Er appellierte an das Narrenvolk: Man habe in einer Protestwahl die AfD in den Bundestag gewählt, Kante gezeigt - doch beim nächsten Mal, rief er, "wählt die AfD aus dem Parlament wieder 'raus". Gabriele Leigraf sekundierte und forderte den "Schulterschluss der Demokraten". Der Rest des Tages gehörte den Jecken, im Rathaus ging die Post ab, und man darf ohne Übertreibung sagen: So viel Bewegung hat man selten in der Verwaltung gesehen.

 Schrill: Katia Baudin, Leiterin des Kaiser-Wilhelm-Museums.

Schrill: Katia Baudin, Leiterin des Kaiser-Wilhelm-Museums.

Foto: vo

Bezirksvorsteher Wolfgang Merkel gab sich vor dem Sturm der Weiber in Bockum (WiB) gelassen. In ein Beduinengewand gehüllt, hatte er die Situation der Bockumer Männer im Blick: "Die Bockumer Frauen sind robust und kampferprobt, wenn sie nach dem Rathausschlüssel greifen. Mir helfen aber meine Kollegen von der Bezirksvertretung Ost. Die sind froh, wenn sie mal ein angenehmes Problem anpacken können. Wir Bockumer sind eher altmodisch, was eine Me-too- genehme Annäherung an Frauen angeht. Die eigentlich Benachteiligten sind die Bockumer Männer."

Punkt 11,11 Uhr war es soweit. Plötzlich tauchten - "wir wollen rein!" schreiend und den zur Fahne umgenähten altehrwürdigen "Liebestöter" schwenkend - die als Marktfrauen verkleideten WiB-Frauen auf und drängten gegen die von Merkel hastig zusammengestellte Schar der Verteidiger. Selbst mit den Bockumer Ortspolizisten konnte die Front nicht gehalten werden.

 Zorro alias Oberbürgermeister Frank Meyer tanzt mit Jugendlichen der Tanzgruppe Pipacsok Siebenbürgen.

Zorro alias Oberbürgermeister Frank Meyer tanzt mit Jugendlichen der Tanzgruppe Pipacsok Siebenbürgen.

Foto: Lammertz

Triumphierend drängten die WiB in das karnevalistisch geschmückte Treppenhaus des Bockumer Rathauses vor, in dem die Kostüm-Party in vollem Gange war. Der besiegte Bezirksvorsteher konnte nur noch stammeln: "Ihr bekommt den Schlüssel nur für fünf Tage." Dann wurde er mit Bützchen und dem WiB-Orden ruhiggestellt.

Triumph der Narren auf dem Balkon des Rathauses: Oberbürgermeister Frank Zorro Meyer, Prinz René und "altes Web" Gabriele Leigraf.

Triumph der Narren auf dem Balkon des Rathauses: Oberbürgermeister Frank Zorro Meyer, Prinz René und "altes Web" Gabriele Leigraf.

Foto: T.L..

Weitere Orden gingen an den als Robin Hood verkleideten Oliver Leist (SPD) und den im Seeräuberkostüm erschienenen Marc Blondin (CDU). Dann stimmten die WiB ihr Lied an, bei dem kölsche durch Bockumer Mäddcher ersetzt werden, die "sich nit dran fummel losse" und keusch bleiben wollen.

"Helau!" aus Uerdingen wünscht Kinderprinz Manuel II.

"Helau!" aus Uerdingen wünscht Kinderprinz Manuel II.

Foto: Lammertz Thomas

Seit 1999 gibt es diese Bockumer Variante des Rathaussturms, die sich aus Spenden finanziert. Die WiB entstanden aus einem Freundeskreis Bockumer Frauen, die auch zum Schützenfest in anderer Verkleidung mitwirken.

Kaltes Sonnenwetter lockte die Menschen in die Uerdinger Altstadt. So trieben die Klänge der Karnevalsmusik aus dem Festzelt auf dem Uerdinger Markt weit hinein in die Geschäftigkeit der Niederstraße. Thorsten Süllwold, der Vorsitzende des Karnevalszug-Vereins Uerdingen (KZV), ist auch verantwortlich für die Organisation des Weiberfastnachtstages, bei dem das Festzelt bereits um 11.11 Uhr mit einem Bühnenprogramm rund um die Uhr beginnt und am Abend bis zu 1000 Narren zur Altweiber-Party erwartet werden. Höhepunkte sind die Tänze der Krefelder Garden und die Besuche der Prinzenpaare. Zufrieden stellte der Organisator fest, dass die Neigung, sich fantasievoll zu kostümieren, bei vielen Narren wieder zunimmt.

Mit dem vorgezogenen Unterrichtsschluss am Weiberfastnachtstag beginnt sich das Zelt mit Gruppen kostümierter Schüler zu füllen. Natürlich gab es das eine oder andere alkoholische Gegenmittel gegen die Kälte, doch Exzesse wollten die Organisatoren vermeiden.

"Wir hoffen, dass wir den Jugendlichen immer besser vermitteln, was Karneval wirklich bedeutet", erklärt Süllwold. "Seit letztem Jahr greifen unsere Ordnungskräfte freundlich, aber hart bei alkoholbedingten Auffälligkeiten durch. Es sind aber nicht immer die jungen Leute, die auffallen. Mittlerweile kennen wir aber unsere Pappenheimer."

(RP)
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