Krefeld Pappköpp-Premiere begeistert gefeiert

Krefeld · In seinem Theater gab das beliebte Marionetten-Ensemble mit dem diesjährigen Programm "Mal so jesacht . . ." wieder lustige Nachhilfe im heimischen Krieewelsch Platt und besondere Sichtweisen auf Krefelder Verhältnisse zum Besten.

 Wenn Matthes Körschges, die Galionsfigur der "Krieewelsche Pappköpp" vertällt, bleibt kein Auge trocken.

Wenn Matthes Körschges, die Galionsfigur der "Krieewelsche Pappköpp" vertällt, bleibt kein Auge trocken.

Foto: Thomas lammertz

Auch in diesem Jahr gab es bei den "Krieewelsche Pappköpp" in ihrem Theater an der Peter-Lauten-Straße wieder "völl zu vertälle". Nach der zweistündigen Premiere unter dem Motto "Mal so jesacht . . ." feierte das Publikum stehend mit frenetischem Applaus das 14-köpfige Ensemble um Manfred Coelen und Ralf Kochann. Die diesmal gewählte Form des Episodentheaters gibt dem Ensemble die Möglichkeit, Neues auszuprobieren und mit Bewährtem zu mischen. So zum Beispiel die etwas kryptische Szene, in der Drickes, Opa Angermanns Enkel, mit einer kleinen Hänsel-Marionette im Zwiegespräch durch den finsteren Wald geht. "Hier sollte man nicht zu weit denken", sagt Coelen, "wir wollten einfach mal eine Marionette zeigen, die ihrerseits eine Marionette führt."

Überaus amüsant münzte die plattdeutsch-mondäne, ewig zu spät kommenden Cilly Marlene Dietrichs Lied aus dem Film "Der Blaue Engel" um: "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Nichtstun eingestellt". Umwerfend ist die Szene, in der Matthes nach ein paar Schnäpsen Köeb dazu bewegt, Bertha einen Heiratsantrag "aus Spaß" zu stellen, damit man direkt nach der Hochzeit auch noch mal zusammen die Scheidung begießen könne. Wenn der städtische Beamte Hennes Nösemes Pforten zum Rathaus öffnet, sind viele Besucher besonders aufmerksam, denn jetzt ist Lokalkolorit angesagt. In mehreren Episoden nimmt Nösemes zu den Verhältnissen am Ostwall oder dem Krefelder Umgang mit seinen baulichen Schätzen Stellung: "Dat Bröcksken, dat senn Trümmer der Neuzeit."

Was die Pappköpp beim Puppenspielen drauf haben, zeigt sich in den letzten Szenen. Vor der prächtig arrangierten Kulisse des Krefelder Hauptbahnhofs ziehen Matthes und seine "Melmpüper"-Band als schottische "Dudelpieftröter" in Marschformation auf. Musik spielt im Programm überhaupt eine starke Rolle: Der von Werner Baaken getextete und von Josef Schwalbach mit einer schmissigen Melodie unterlegte musikalische Rückblick op de Tied vür sessig, sieewenzeg Jooehr "Et woer ens" hat das Zeug zu einem Evergreen, und natürlich sangen zum Abschluss der gelungenen Premiere viele Gäste laut die Krefelder Nationalhymne mit: "Mir senn alles Krieewelsche Jonges."

Das einst im Jazzkeller geborene Idee eines Krieewelschen Marionettentheaters steckt auch nach rund 40 Jahren voller Leben. Die Leute haben die Figuren um Matthes und Schäng liebgewonnen: Pitter, Bertha, Sting, Traut, Köeb, Krücke, Cilly, Heini, Kalv, Frau Nothenbaum, Nösemes und Drickes, der Enkel von Opa Angermanns. Auf die Frage, wie alt denn Opa Angermanns nach einer so langen Bühnenzeit heute sei, antwortet Manfred Coelen schmunzelnd: "105. Schließlich muss er älter sein als wir."

"Wenn wir wollen, dass unser Theater eine lange Zukunft hat, müssen wir uns auf die nachfolgende Generation einstellen", sagt Manfred Coelen. So suchen die Pappköpp nach qualifiziertem Nachwuchs, und so stießen im vorigen Jahre Vanessa Feld, Volker Matter und Patrick Biallas zum Team, alle unter 40 Jahren, die nach eigener Aussage Platt manchmal wie die Vokabeln einer Fremdsprache erlernen mussten. Keine Schwierigkeiten hat dagegen Neumitglied Mosmüller, der Krieewelsch noch auf der Straße gelernt hat. Diesmal wird das Problem angespielt, wenn Opa Angermanns in der Bäckerei mit den neumodischen Bezeichnungen nicht zurechtkommt.

Marc-David Krieg ist vor vier Jahren aus Unna nach Krefeld gezogen. Der junge Erzieher gehört zu den ultimativen Pappköpp-Fans. Vor sich auf den Tisch hat er griffbereit das Wörterbuch "Deutsch-Krieewelsch, Krieewelsch-Deutsch" von Heinz Webers liegen, das der zufällig anwesende Autor in der Pause auch noch signierte.

(oes)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort