Krefeld Nicks Vormund beantragt Zwangshaft für Stadtvertreter

Krefeld · Die juristische Auseinandersetzung zwischen der Stadt Krefeld und dem gesetzlichen Vertreter des schwerstbehinderten Nick nimmt an Schärfe zu. Jetzt beantragt der Vormund des 14-Jährigen die Festsetzung eines Zwangsgeldes - ersatzweise Zwangshaft - falls die Stadt ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt. Muss Oberbürgermeister Frank Meyer als Chef und Gesamtverantwortlicher der Stadtverwaltung bald hinter Gitter?

 Oktober 2008: Physiotherapeut Stefan Niermann kümmert sich um den damals noch in Krefeld lebenden kleinen Nick.

Oktober 2008: Physiotherapeut Stefan Niermann kümmert sich um den damals noch in Krefeld lebenden kleinen Nick.

Foto: SN

Christian Schmidt zieht einmal mehr die Reißleine. Der Vormund des schwerstbehinderten, 14-jährigen Nick Maas, der im Alter von zwei Monaten an einer bakteriellen Hirnhautentzündung erkrankte und seitdem rund um die Uhr intensiver Unterstützung bedarf, zieht erneut gegen die Stadt Krefeld vor Gericht, um die dem Jungen zustehende Hilfe einzuklagen. Die Streitigkeiten füllen inzwischen ganze Aktenregale. Bis zum Ende des Jahres hat die Stadt Krefeld die Finanzierung eines Teils der Leistungen zur Pflege und Betreuung von Nick, der nicht sprechen und sich nicht selbstständig bewegen kann, in einem Bescheid zugesichert. Bis dahin sind noch 24 Tage.

Nick hat jetzt durch seinen Vormund und über einen Anwalt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Oldenburg eingereicht. Warum Oldenburg? Die Mutter aus Krefeld ist gestorben, der Vater kümmert sich nicht. Nick wohnt mit seinem Ziehvater und Vormund schon längere Zeit in Ostfriesland, und das Sozialgericht Köln hat die Stadt Krefeld so lange für zuständig erklärt, bis die Frage der Zuständigkeit abschließend geklärt ist.

Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung will der Vormund erreichen, dass die Stadt Krefeld ab sofort die Kosten für Sachleistungen eines Integrationshelfers außerhalb des Schulbesuchs für 20 Wochenstunden und in den Ferien von 32 Wochenstunden übernimmt. Ferner soll die Kommune ab 1. Januar 2016 weitere Leistungen garantieren. Dazu zählen unter anderem Sachleistungen für eine 24-Stunden-Pflege zum Zweck der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung; außerdem Reisekosten der Dienstleister sowie nachgewiesene Kosten Nicks für Fahrten zu "außerhäuslichen Freizeitaktivitäten". Nick habe ein Recht darauf, in dem ihm möglichen Maße am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, erklärte Schmidt. Nicks Leben spiele sich in dessen Kopf ab, hat es die Mutter einmal für Außenstehende anschaulich beschrieben.

In dem Antrag ans Sozialgericht Oldenburg listet der Anwalt Aktenzeichen und Urteile diverser Gerichte auf, deren Umsetzung angeblich von der Sozialverwaltung der Stadt Krefeld bislang ignoriert worden sei. Wörtlich schreibt der Rechtsvertreter: "Vor dem Hintergrund, dass sich die Stadt Krefeld weder durch Beschlüsse des Landessozialgerichts, noch durch eine Bescheidung dazu veranlasst sieht, die Hilfeleistung dem Antragsteller zukommen zu lassen, ist eine neue einstweilige Verfügung, die auch mit Zwangsgeldern, hilfsweise Zwangshaft belegt werden kann, dringend erforderlich." Die Stadt Krefeld habe, so heißt es weiter, "sehr eindrücklich durch ihr bisheriges Verwaltungshandeln deutlich gemacht, dass für sie eine Bindung an Recht und Gesetz - auch nach eigener Bescheidung - offensichtlich nicht gelten soll".

Die Krefelder Stadtverwaltung betonte auf Anfrage unserer Redaktion, dass sie "auch weiterhin bemüht ist, den notwendigen Pflege- und Betreuungsbedarf für Nick sicherzustellen. Zumindest so lange, bis eine Entscheidung über die Zuständigkeit durch das Sozialgericht Köln erfolgt ist". Eine Organisation der Hilfen über die räumliche Distanz sei schwierig, da sie auf Informationen und Unterstützung der dortigen Behörden angewiesen sei.

(RP)
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