Krefeld Neue Galerie zeigt inspirierende Kunst

Krefeld · Die neu eröffnete Ausstellungshalle "emilith" regt mit seiner aktuellen Ausstellung zum Nachdenken über die Natur an.

 Diese Keramikvasen des verstorbenen niederländischen Künstlerpaares van Eyk, sind Teil der Ausstellung "...kannste och'n Vogel machen?" an der Wiedstraße. Genau wie viele andere Werke, sind sie von der Natur inspiriert.

Diese Keramikvasen des verstorbenen niederländischen Künstlerpaares van Eyk, sind Teil der Ausstellung "...kannste och'n Vogel machen?" an der Wiedstraße. Genau wie viele andere Werke, sind sie von der Natur inspiriert.

Foto: Lammertz

An der Wiedstraße hat eine neue Galerie eröffnet: emilith - ein Raum für Keramik, Kunst und Mode, geführt von Tom Turowski, erfahrener Galerist, Auktionator, Design-Experte vor und hinter der Kamera und selbst leidenschaftlicher Sammler. Die aktuelle Ausstellung "...kannste och'n Vogel machen?" ist dem zuletzt in Leuth lebenden Künstlerpaar Anton und Dorothea van Eyk gewidmet und noch bis zum 16. November zusehen.

Von außen wirkt das Gebäude ander Wiedstrasse unscheinbar. Ein funktionaler Bau aus den 50er Jahren - soweit die Fassade. Betritt man jedoch die Galerie auf der zweiten Etage, ist der Überraschungseffekt da. Ein großer, lichtdurchfluteter Raum lädt den Betrachter ein, Kunst in all seinen Facetten zu betrachten. Dabei schweift der Blick nach oben an die wunderbaren italienischen Designerleuchten aus den 30er bis 60er Jahren, hin zu modischen Unikaten des Kölner Modelabels "Das Werk", deren Markenzeichen sehr lange, bunte Knopfleisten an Hosen, Blusen und Sakkos sind. Von dort wandert der Blick hin zu Schwarz-weißen Druckarbeiten des Düsseldorfer Künstlers Thomas Pöhler und den mit viel Sorgfalt ausgestellten Keramikarbeiten des Künstlerehepaares Anton und Dorothea van Eyk.

Als Tom Turowski vor rund 20 Jahren zum ersten Mal auf die Arbeiten der van Eyks stieß, war ihm nicht klar, wie folgenreich diese Begegnung für ihn und sein Sammlerherz sein würde. Im Raum Krefeld war das keramische Werk seinerzeit kaum auf Flohmärkten zu finden, berichtet Turowski, obwohl das Atelier van Eyk in Leuth nur 35 Kilometer von Krefeld entfernt liegt. Einige Jahre vergingen, ehe das Rätsel um den Verbleib weiterer Arbeiten der van Eyks aufgedeckt werden konnte. Wilhelmina Spolders, ebenfalls Sammlerin, hatte noch zu Lebzeiten Kontakt zu ihrem Nachbarn Anton van Eyk, der zu der Zeit bereits Witwer war und sie schließlich zur Nachlassverwalterin machte. Hört man den spannenden Erzählungen Turowskis zu, so wird deutlich, wie fasziniert er von der Lebensgeschichte dieses ungewöhnlichen Paares ist und wie eng die Lebensumstände der van Eyks mit ihrem künstlerischen Oeuvre verknüpft sind.

Die ungemeine Schaffenskraft des Künstlerpaares zeigt sich in der umfassenden Ausstellung von rund 600 Objekten: Fröhlich, verspielt, pastellige (Vogelei-)Vasen, figürliche Gefäße, Schalen mit verschiedenen Dekoren - zumeist von Dorothea van Eyk entworfen - mal weiße Malereien auf schwarzem Grund, mal gravierte Motive, wie Vögel und Fische auf dunklem Blau oder geometrische Formen aus Ringen und langen Streifen. Die gezeigten Werke reichen von den 1930er und 40er Jahren, die in der Tradition von Bauhaus stehen, zur Gebrauchskeramik aus der Schaffenszeit im sächsischen Elstra, bis hin zu Glanztongefäßen der 1950er Jahre, die laut Turowski, als Höhepunkt ihres Schaffens gelten. Eine Schaffensphase von knapp 30 Jahren ist kurz. Wie kam es zu diesem Bruch? Nachdem das Paar in Krefeld, Elstra und Amsterdam tätig war, zogen sie 1958 nach Nettetal-Leuth auf ein Waldgrundstück. "Zwischen einem alten Wohnwagen und seidenglänzender glatter Keramik liegt das ganze Spektrum des Lebens der van Eyks", heißt es in der Einleitung des Ausstellungskataloges. Und tatsächlich verbrachte das Paar sein letztes Lebensdrittel in der niederrheinischen Natur, auf einem parkähnlichen Gelände lebten sie unter einfachsten Bedingungen in einem Wohnwagen. Ihren Traum, dort ihr eigenes Werkstattatelier zu gründen, konnten sie wegen bürokratischer und finanzieller Hindernisse zu Lebzeiten nicht umsetzen. Aufgrund fehlender Stromversorgung konnten die Elektroöfen nicht angeschlossen werden und daher auch keine weiteren Keramiken gebrannt werden. Heute ist der Traum Wirklichkeit geworden: dank des Engagements von Wilhelmina Spolders befindet sich nahe der niederländischen Grenze das "Atelier van Eyk" - ein Treffpunkt und Ausstellungsort für Keramik.

Mit der parallel gezeigten Ausstellung "Fliegende Festung" von Thomas Pöhler, ist es Turowski gelungen, den Bogen bis in die Gegenwart zu schlagen. Auch wenn die künstlerischen Arbeiten weit auseinander liegen und Pöhler nicht auf die Arbeiten der van Eyks Bezug nimmt, ist ihnen die Verbindung zur Natur als Rückzugsort, Inspirationsquelle und Material gemeinsam. Auch Pöhler ist Sammler aus Leidenschaft. Mit wachem Blick geht er in die Natur und findet dabei Erstaunliches. Im Engadiner Hochgebirge entdeckte er unter grauem Trümmerschutt ein Flugzeugwrackteil einer amerikanischen Militärmaschine aus dem zweiten Weltkrieg, als Geisterflug zerschellte die unter Soldaten auch "Flying Fortress" genannte Maschine im Unterengadinder Gebirge. Das Wrackteil liegt nun ganz unscheinbar neben grauen Schiefersteinen, die der Düsseldorfer Künstler bei seinen Exkursionen gefunden hat. Ihre präzisen Formen erinnern an Wurfgeschosse oder Messer, exakt dupliziert, so als hätte sie jemand am Fundort hingelegt.

Pöhler versteht sie als direkte Aufforderung der Natur an den Menschen zur Aktion. Auch in den grafischen Arbeiten der Ausstellung wird deutlich, dass Thomas Pöhler gerne mit Fundstücken aus der Natur oder mit Naturprozessen arbeitet. In der Zusammenstellung des Materials aus großflächigen Druckgraphiken ("Puzzling Fludd" und "Warpes"), natürlichen sowie artifiziellen Fundstücken, liegt eine Poesie, die der Betrachter auf den ersten Blick nicht vermutet und zur Reflexion über Verhältnis zwischen Natur und Mensch anregt.

Begleitend zur Ausstellung wurde ein reich bebilderter Katalog entworfen, der in der Galerie ausliegt. Tom Turowski konnte auf Material aus dem Nachlass zurückgreifen und somit einen 170 Seiten umfassenden Werkkatalog zum Oeuvre und Leben der van Eyks erstellen, den es bis dato noch nicht gab.

Einblicke in freie und angewandte Kreation: Wiedstrasse 21-23, lädt für heute zum Wiedsalon, von 12-18 Uhr, ein. Infos "www.wiedsalon.de"

(RP)
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