Haftstrafe für Krefelder Tierquälerin Natascha H. machte Fotos von zerstückeltem Pony

Siegburg/Krefeld · Sie tötete das Shetland-Pony "Mario" mit mehreren Messerstichen und schnitt ihm Kopf und Beine ab. Dafür ist die Krefelderin Natascha H. jetzt zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden. Die psychisch kranke Frau entschuldigte sich im Prozess bei Marios Besitzerin.

 Natascha H. spricht in Siegburg auf der Anklagebank mit ihrer Anwältin Alexandra Seidenkranz.

Natascha H. spricht in Siegburg auf der Anklagebank mit ihrer Anwältin Alexandra Seidenkranz.

Foto: dpa, obe fdt

Ihr Blick ist starr auf die Tischplatte gerichtet, ihre Miene ausdruckslos. Natascha H. sagt kein Wort. Ihre zierliche Gestalt versinkt beinahe in ihrem großen blauen Pullover und den weiten Jeans. Die 20-Jährige wirkt jünger als sie ist, fast kindlich. Es ist schwer vorstellbar, dass diese Frau im Frühjahr 2015 das ehemalige Zirkuspony "Mario" getötet und zerstückelt haben soll.

Gleich zu Beginn der Verhandlung legt die Krefelderin, die zur Tatzeit in Troisdorf lebte, über ihre Verteidigerin ein umfassendes Geständnis ab. Sie gibt zu, in der Nacht auf den 31. Mai 2015 auf einer Koppel in Troisdorf mehrere Strohballen und einen Holz-Unterstand angezündet und danach das Pony "Mario" entführt zu haben. Sie brachte das Tier in ein Waldstück, tötete es mit mehreren Messerstichen in Hals und Rumpf und schnitt ihm danach Beine und Kopf ab. Sie machte Fotos mit ihrem Handy und legte die Beine auf einer Holzbank im Wald und in der Nähe der Koppel ab. Dort wurden sie wenige Stunden später von Spaziergängern gefunden.

Wenige Tage nach der Tat kehrte H. dann zu der Koppel zurück und zündete einen zweiten Unterstand an. Danach schickte sie eine SMS mit den Worten "Auf Ihrer Weide brennt es" an die Besitzerin des Ponys, die in dem Prozess als Nebenklägern auftritt. Weil sich die SMS zurückverfolgen ließ und die Polizei zum Handy von Natascha H. führte, konnte diese wenig später festgenommen werden.

Zwei zentrale Fragen will Richter Lars Hillert beim Prozess am Jugendschöffengericht in Siegburg klären: Warum tötete H. das Pony? Und: Wo ist der abgetrennte Kopf des Tieres, der bis heute nicht gefunden werden konnte? Nur eine der beiden Fragen wird beantwortet: Den Ponykopf habe sie unmittelbar nach der Tat vergraben, und zwar in einem Waldstück in Troisdorf etwa 100 Meter Luftlinie vom Fundort der anderen Köperteile. Das lässt die junge Frau über ihre Verteidigerin erklären. "Da ist er dann auch wirklich?", hakt Richter Hillert nach, worauf H. kaum merklich nickt. Die Polizei wird nun in dem Waldstück nach dem Ponykopf suchen müssen.

Die Frage nach dem Verbleib des Kopfes muss vor allem für die Besitzerin von Mario quälend gewesen sein. Das jedenfalls geht aus mehreren ärztlichen Attesten hervor, die der Richter vorliest. Demnach leidet die Frau, die selbst nicht aussagen möchte, seit der Tat unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Panikstörung. Sie hat die Beine des Ponys zwar nicht selbst gefunden, doch Spaziergänger zeigten ihr die abgetrennten Gliedmaßen. Diese Bilder gingen ihr seitdem nicht mehr aus dem Kopf, außerdem habe sie Albträume, in denen der Kopf des Tieres auftauche, heißt es in dem Attest. Endlich zu erfahren, was mit dem Kopf passiert ist, war ihr wichtig.

Geköpftes Pony in Krefeld: Grausame Spuren nahe der Weide
10 Bilder

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In ihrem Schlusswort wendet sich Natascha H. persönlich an die Geschädigte und bittet sie für die Tat um Verzeihung. "Wir hatten nicht damit gerechnet und wissen, dass es der Angeklagten aufgrund ihrer psychischen Erkrankung sehr schwer gefallen sein muss", sagt Rechtsanwalt Hoffmann nach der Verhandlung.

Natascha H. leidet unter einer "schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung", wie Richter Hillert in seiner Urteilsbegründung erklärt. Diese Erkrankung ist der Grund, warum H. nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wird. Sie muss zwei Jahre und vier Monate in Haft. "Wir halten die Angeklagte für schuldig, sie hat gestanden und die Beweise sind klar", sagt Hillert. Allerdings seien die Folgen der Tat, vor allem die psychischen Folgen für die Geschädigte, für H. aufgrund ihrer eigenen psychischen Erkrankung nicht absehbar gewesen. Das Gericht geht unter anderem davon aus, dass H. nicht klar war, welches Leid sie der Besitzerin von Pony Mario durch das grausame Töten des Tieres zufügen würde. "Die Angeklagte konnte zwar erkennen, dass man anderer Leute Tiere nicht töten darf", sagte Hillert. "Aber sie konnte entsprechend dieser Erkenntnis nicht handeln."

H. sei zwar nicht schuldunfähig, aber es bestehe doch eine deutlich verminderte Schuldfähigkeit. Außerdem sei sie einer Erwachsenen nicht gleichzustellen. Dies sei, sagt Hillert, auch das Ergebnis des psychologischen Gutachtens des Sachverständigen. Zwar betont er in seiner Urteilsbegründung, wie brutal das Vorgehen H.s gewesen sei. Richter Hillert spricht von "schädlichen Neigungen" H.s, weitere Angaben macht er nicht. Es gebe allerdings aktuell keine Anhaltspunkte, dass die 20-Jährige auch gegenüber Menschen gewalttätig werden könnte.

Die zweite zentrale Frage des Prozesses, die nach dem Warum, bleibt unbeantwortet. "Das Motiv liegt in der Persönlichkeit und der Biographie meiner Mandantin, deshalb werde ich dazu keine weiteren Ausführungen machen", sagt H.s Verteidigerin Alexandra Seidenkranz. Dennoch kommen im Laufe der Verhandlung einige Mosaikstücke ans Licht. So fand die Polizei bei einer Durchsuchung in der Wohnung H.s zahlreiche Tierkadaver und -köpfe, die teilweise präpariert waren. Einige hingen an der Wand, zusammen mit zahlreichen Bildern von Tieren. Unter der Matratze der damals 19-Jährigen fanden die Ermittler den abgetrennten Kopf einer Möwe. Es sei ihr vor allem um die Köpfe gegangen, sagt Richter Hillert.

Weitere Details bringt ein Urteil des Krefelder Amtsgerichtes von 2014. Denn die Tötung des ehemaligen Zirkusponys ist nicht der erste Fall von Tierquälerei, für den sich H. verantworten muss. 2013 tötete sie auf dem bekannten Mitmachhof "Malewupp" in Krefeld mehrere Schafe und später ein Pony auf die gleiche Weise, wie sie es im vergangenen Jahr bei Pony Mario tat. In dem Urteil heißt es, H. habe angegeben, das Pony "Sindbad" getötet zu haben, weil es ihr leid getan habe, weil es immer auf der Weide angebunden gewesen sei und nicht frei habe herumlaufen dürfen. Eine Auflage des Gerichts: Sie sollte sich in eine therapeutische Wohngruppe begeben, diese verließ sie aber mit ihrem Umzug nach Troisdorf.

Warum Pony "Mario" auf so grausame Art sterben musste, lässt sich auch nach Ende der Verhandlung nur erahnen. Ob Natascha H. gegen das Urteil Berufung einlegt, ist noch unklar.

(lsa)
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