Krefeld Nachwuchstalent spielt den Raskolnikow

Krefeld · Philipp Sommer ist jetzt im Theater in einer Hauptrolle in Dostojewskis "Schuld und Sühne" zu sehen.

 Philipp Sommer absolvierte zunächst eine Druckerlehre, bevor er die renommierte Staatliche Schauspielschule in Stuttgart besuchte.

Philipp Sommer absolvierte zunächst eine Druckerlehre, bevor er die renommierte Staatliche Schauspielschule in Stuttgart besuchte.

Foto: Thomas Lammertz

Wenn ein Nachwuchs-Schauspieler am Theater im Alter von nur 29 Jahren bereits eine Hauptrolle aus dem Charakterfach bekommt, dann horcht man auf. Genau das passiert am Theater Krefeld Mönchengladbach gerade mit Philipp Sommer, geboren 1987 im unterfränkischen Lohr am Main. Er gibt demnächst den Raskolnikow in Dostojewskis "Schuld und Sühne". Das ist eine junge Rolle, wir haben einen vielversprechenden jungen Darsteller neu im Ensemble, also geben wir ihm die Rolle - so zwingend logisch, wenn auch unkonventionell begründete Schauspieldirektor Matthias Gehrt seine Entscheidung.

Und Sommer ist in der Tat ein bemerkenswerter junger Mann. Er absolvierte zunächst eine Druckerlehre und pflegt bis heute die bodenständige Perspektive auf den Alltag des richtigen Lebens, die er in jenen Jahren gewonnen hat.

Über die Fachoberschule für Kunstgestaltung in Würzburg führte ihn sein Weg dann an die renommierte Staatliche Schauspielschule in Stuttgart, und er ergänzte seine dortige Ausbildung durch Unterricht in Clownerie und Maskenspiel. Erste kleinere Rollen während dieser Zeit spielte er an Schauspielhaus und Wilhelma Theater Stuttgart sowie an der Württembergischen Landesbühne Esslingen. Hinzu kamen Auftritte in Kurz- und Fernsehfilmen.

Seinen schauspielerischen Mut und seine avantgardistische Haltung bewies er besonders eindrucksvoll in seiner Abschlussprüfung: "Als Mann die Jeanne d'Arc zu spielen, die ihrerseits als Frau in eine männliche Lebensrolle geschlüpft war - dieser Gedanke hatte mich schon lange gereizt, und ich wusste, wenn ich es jetzt nicht mache, werde ich vielleicht nie wieder die Gelegenheit dazu bekommen. Also habe ich mir aus Textpassagen von Schiller und Shaw einen 15-minütigen 'Monolog der Jeanne d'Arc' zusammengestellt und ihn zwar kostümiert, aber mit meiner natürlichen Stimme vorgetragen. Das hat wunderbar funktioniert."

Über Krefeld als Stadt wusste Sommer zu Beginn dieses Jahres noch gar nichts, doch vom hiesigen Theater hatte er unter anderem über einen Kommilitonen schon gehört, als im März der erste Kontakt zustande kam. Die Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit, und seit Beginn dieser Spielzeit ist Philipp Sommer als festes Ensemblemitglied dabei. Die Mönchengladbacher können ihn schon als Thomas in "Wir sind Borussia" erleben, in Krefeld wird seit acht Wochen an "Schuld und Sühne" geprobt.

"Eigentlich ist der Raskolnikow ein ganz sympathischer junger Mann, der zwar in den sozialen und geistigen Wirren in St. Petersburg um 1860 auf mörderische Abwege gerät, gleichzeitig aber auch edle Charakterzüge beweist. Wie er zuerst in ideologischer Verstrickung den Boden unter den Füßen verliert, wie er sich dann einerseits den Ermittlungskünsten des gewieften Porfirij gewachsen zeigt, andererseits empfänglich bleibt für die moralische Kraft der Sonja, und bei alledem am härtesten mit dem eigenen, durchaus intakten Gewissen ringt, bis er sich der Justiz in freier Entscheidung stellt - dieser Prozess, der viel vielschichtiger ist als bei den meisten Täterfiguren, hat mich von Anfang an gefesselt", erzählt Sommer, der übrigens auch gern malt und selbst schreibt.

(RP)
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