Krefeld Muslime reagieren auf CDU-Vorstoß

Krefeld · Die Türkische Union wirft der CDU vor, das Klima in Krefeld zu "vergiften". Zuvor hatte CDU-Parteichef Marc Blondin , von der SPD-Ratsfrau Halide Özkurt verlangt, sich zur Demokratie zu bekennen oder den Rat zu verlassen.

Mit Bitterkeit, Besorgnis und Kritik hat die "Union der türkischen und islamischen Vereine in Krefeld und Umgebung e. V." auf die Aufforderung der Krefelder CDU an die türkischstämmige SPD-Ratsfrau Halide Özkurt reagiert, sich zur freiheitlichen Demokratie zu bekennen. Diese Erwartungshaltung vergifte das Klima und sei diffamierend, heißt es in einer Erklärung der Türkischen Union. "Deshalb ist Mäßigung und Besonnenheit notwendig", schließt sie. Die Türkische Union ist eine Vereinigung von 16 Vereinen und vertritt nach eigenen Angaben 13.000 bis 16.000 Personen. Hintergrund: CDU-Parteichef Marc Blondin hatte Halide Özkurt vorgeworfen, die Politik des türkischen Präsidenten Erdogan schönzureden, ihre demokratische Grundhaltung angezweifelt und erklärt: "Eine Politikerin, die die vordemokratischen Zustände in der Türkei schönredet, ist im Rat fehl am Platz." Die SPD hatte die Anwürfe der CDU als absurd und Wahlkampfgetöse kritisiert und von Blondin eine Entschuldigung gefordert (wir berichteten).

Gestern reagierte die Türkische Union mit einer Erklärung, die wir im Folgenden im Wortlauf komplett dokumentieren. Das Papier ist vom Pressesprecher der Union, Oguz Ertugrul, unterzeichnet:

"In Krefeld haben sich zwei neue Erwartungshaltungen gegenüber türkischstämmigen Bürgerinnen und Bürgern gebildet: das Verlangen einer Distanzierung zu nicht-lokalen Geschehnissen und die Bekenntniserneuerung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Diese Entwicklung wird in der türkischen Community mit großer Besorgnis beobachtet. Es ist nicht erklärungswürdig, sondern selbstverständlich, dass türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger, die mittlerweile in der vierten Generation in Krefeld leben, jede Art von Ungerechtigkeit, jeden Missstand und jede Rechtswidrigkeit missbilligen. Ebenso ist ihre Loyalität zu den Grundpfeilern der deutschen Gesellschaft unumstritten. Die Kritik an aktuellen politischen Entwicklungen kann verständlich und begründet sein. Es wird jedoch mit Bedauern beobachtet, dass sogar Lokalpolitiker sich dem Distanzierungswahn und Bekenntniszwang angeschlossen haben. Diese Erwartungshaltung vergiftet das harmonische Zusammenleben in Krefeld. Es ist destruktiv für den Gemeinschaftsgeist unserer Stadt. Warum? Diese Erwartungshaltung schafft eine neue Bitterkeit, und dies nicht nur, weil sie eine Haltung oder Meinung unterstellt und unbeteiligte Personen zur Rechenschaft zieht, die bestimmte Geschehnisse nicht zu verantworten haben, sondern weil sie weitere Gesprächsmotivation dezimiert und einen Rückzug aus der gesellschaftlichen Mitte begünstigt.

Dieses Auftreten festigt einen Diskurs des Misstrauens, in dem sich türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger bevormundet, diffamiert und ausgegrenzt fühlen. Schafft eine derartige Erwartungshaltung Solidarität, oder festigt es das Misstrauen in Krefeld? Die Antwort ist klar: Es festigt das Misstrauen! Deshalb ist Mäßigung und Besonnenheit notwendig."

(RP)
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