Krefeld Mondrian - Anspruch der Erben verjährt

Krefeld · Die Stadt Krefeld hat mit Peter Raue einen der profiliertesten Juristen und Kunstkenner Deutschlands beauftragt, ihre Interessen im Streit um die Bilder des niederländischen Künstlers Piet Mondrian zu vertreten. Schon die Anschrift der Kanzlei in Berlin am Potsdamer Platz 1 flößt Respekt ein. Noch mehr beeindrucken allerdings die Referenzen des 77-jährigen Rechtsanwalts.

Peter Raue hat die Gemäldesammlung des Museums of Modern Art während der Renovierung des New Yorker Stammhauses mit 200 Bildern in die Bundeshauptstadt geholt. Mit einer Rekordzahl von 1,2 Millionen Besuchern endete die Ausstellung seinerzeit nach sieben Monaten und war damit 2004 die erfolgreichste Ausstellung in Europa seit vielen Jahren. Er ist selbst Sammler und besitzt rund 600 Kunstwerke, ist mit prominenten Künstlern wie Günther Uecker befreundet.

Die Stadt Krefeld hat den 77-Jährigen in erster Linie wegen seiner juristischen Kompetenz und seiner Kenntnisse auf dem Kunstsektor ausgewählt und beauftragt. Seine Aufgabe: Die Rückgabe von vier Bildern des Malers Piet Mondrian aus dem Besitz des Kaiser-Wilhelm-Museums sowie eine Entschädigung für getauschte Arbeiten an Erben in den USA zu verhindern. Die Forderung der Witwe von Harry Holtzman und deren drei Kinder hatte international Schlagzeilen produziert. Die Stadt hat in einer ersten Stellungnahme die Meinung vertreten, dass sie rechtmäßig im Besitz der Kunstwerke sei. Der Streitwert ist vom Anwalt der Gegenseite Gunnar Schnabel auf 200 Millionen Euro beziffert worden.

Raue ist bereits zu einer Einschätzung gelangt: Etwaige Ansprüche Dritter seien bereits verjährt. Wie selbst die Gegenseite konstatiere, seien die infrage stehenden Malereien im Jahr 1929 zur Vorbereitung einer Ausstellung nach Krefeld gelangt. Das ist knapp 90 Jahre her. Ansprüche endeten 30 Jahre nach dem Ende eines Besitzvertrags. Dafür, dass die Bilder erst in den 1950er Jahren in den Inventarlisten des Krefelder Museums auftauchten, zeigt Raue großes Verständnis. Er hält das für sehr klug in Anbetracht der Aktionen der Nationalsozialisten gegen so genannte "Entartete Kunst".

Eines der Mondrian-Bilder aus Krefeld ist im Jahr 1959 auf der Documenta in Kassel gezeigt worden. Bei deren Renommee als weltweit bedeutendste Reihe von Ausstellungen für zeitgenössische Kunst hätte bereits für Holtzman als Erbe des Mondrian-Nachlasses die Möglichkeit bestanden, seine Eigentumsansprüche anzumelden. Nunmehr sei es auch für die Hinterbliebenen zu spät.

Für eine Verhandlung des Sachverhalts in den USA sieht Raue keine Begründung. Ganz auszuschließen sei es jedoch nicht. Allerdings würde auch die Rechtsprechung der USA den Begriff der Verwirkung kennen. Er kündigte gestern an, sich mit Schnabel in Verbindung setzen zu wollen.

Unabhängig von der rechtlichen Ausgangsposition im vorliegenden Fall sei die Stadt Krefeld sich ihrer allgemeinen Verantwortung bewusst und nimmt das Thema ernst, betonte ein Stadtsprecher. Seit 2015 stünden die Kunstmuseen Krefeld deshalb im direkten Austausch mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK). "Bei der hier aufgeworfenen juristischen Frage handelt es sich nicht um ein solches Restitutionsverfahren nach dem Washingtoner Abkommen. Der fragliche Zeitraum liegt deutlich vor dem Geltungsbereich des Abkommens (ab 1933). Da es sich bei den Mondrian-Gemälden also nicht um NS-Raubkunst handelt, kann das DZK eine Provenienzforschung in diesem Fall nicht unterstützen", erklärte die Stadt. Das Museum werde gleichwohl unabhängig davon eine aktuelle Provenienzuntersuchung der Gemälde Mondrians einleiten und einen Spezialisten mit der Erforschung beauftragen.

(sti)
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