Krefeld Moderne Narkosetechnik für Zootiere

Krefeld · Der Zoo hat ein Problem weniger: Weil es ein neues, präziseres Narkosegerät gibt, kann Tierärztin Stefanie Markowski auch Silberrücken oder Tapire leichter operieren. Unpräzise Narkosen können für Mensch und Tier gefährlich werden.

 Tierärztin Stefanie Markowski (rechts) hört Tapir Carlos ab, um sicherzugehen, dass er sich nicht bei seiner hüstelnden Mitbewohnerin Saskia angesteckt hat. Monika Plass von Air Liquide hat für den Notfall eine besonders sichere Sauerstoffflasche dabei. Carlos ist aber wie Kollegin Luara (im Hintergrund) gesund.

Tierärztin Stefanie Markowski (rechts) hört Tapir Carlos ab, um sicherzugehen, dass er sich nicht bei seiner hüstelnden Mitbewohnerin Saskia angesteckt hat. Monika Plass von Air Liquide hat für den Notfall eine besonders sichere Sauerstoffflasche dabei. Carlos ist aber wie Kollegin Luara (im Hintergrund) gesund.

Foto: Strücken

Saskia hat Husten. Sie röchelt ein wenig, sieht aber durch die sichere Glasscheibe sehr friedlich aus. Saskia läuft nach links, Saskia läuft nach rechts, sie schaut sich um, doch nichts weiter passiert. "Wenn Saskia Husten hat, dann kann sie gefährlich werden", mahnt ihre Ärztin Dr. Stefanie Markowski dennoch. Nur nicht in Sicherheit wiegen. Saskia mag es, wenn sie hinter den Ohren gekrault wird, aber bitte nicht so schnell, sondern schön gemütlich. Und sie isst gern frisches Körnerbaguette - wenn es sein muss, auch mit der notwendigen Medizin gegen Husten. Die hat Markowski mit ein paar frischen Kräutern gemischt und auf das Brot gestreut.

Saskia ist ein Flachlandtapir und zählt damit zu einer seltenen Spezies, die eigentlich eher in tropischen Wäldern auftaucht. Zusammen mit dem wilden Männchen Carlos und der etwas schüchternen Luara wohnt Saskia im Gehege des Krefelder Zoos. Damit fallen die drei unter die Obhut von Tierärztin Stefanie Markowski, die sich mit den Krankheiten und Wehwehchen der knapp 170 verschiedenen Tierarten im Zoo bestens auskennen muss.

 An einem Saki-Affen testet Tierärztin Stefanie Markowski den neuen Narkosewagen. Die Tierpflegerin Eva Ravagni (links) hilft ihr.

An einem Saki-Affen testet Tierärztin Stefanie Markowski den neuen Narkosewagen. Die Tierpflegerin Eva Ravagni (links) hilft ihr.

Foto: Zoo

Während der frühlingshaften Temperaturen zwischen den Jahren flanierten etliche Besucher durch den Krefelder Zoo. Es war so voll, dass zwei Kassen permanent geöffnet waren. Zu sehen bekommen Kinder, Eltern und Großeltern dann eine recht heile Tierwelt. Trampeltiere, die ratlos gucken, Robben, die pfeilschnell tauchen, oder Paviane, die, nun ja, nichts tun. Doch all diese Tiere werden krank, haben Husten wie Saskia oder rammen sich wie kürzlich ein Äffchen einen Ast ins Auge. Dann muss Stefanie Markowski eingreifen.

Sie ergreift dann eine ihrer fertig gepackten Taschen in der Praxis und läuft los. Wenn ein Notfall eintrifft, erzählt sie, dann bleibt keine Zeit dazu, erst einmal die Sachen zusammenzupacken. Neben ganz normalen Blessuren kann es für die Tiere auch ernst werden. Stefanie Markowski muss dann operieren. Und weil so ein Tiger, ein schwergewichtiger Silberrücken, eine Anakonda oder ein Tapir nicht durch gutes Zureden zu beruhigen sind, muss sie die Tiere betäuben. "Nebenbei bin ich noch Anästhesistin", sagt Markowski.

Dazu hat sie natürlich das Betäubungsgewehr, das sie etwa für den Tiger einsetzt, weil der am wenigsten zu Verhandlungen bereit ist. Für die Anakonda hat Stefanie Markowski zuletzt eine kleine Kiste gewählt, die sie optimiert hat, um dort Narkosegas mit Sauerstoff einzuleiten. Die Schlange ist zum Schlafen hineingekrochen und die Ärztin musste nur noch den Deckel zumachen. Doch für Tapire und die meisten anderen Tiere hat Stefanie Markowski jetzt einen neuartigen Narkosewagen aus Kanada.

Darauf befinden sich eine besonders gut gesicherte Sauerstoffflasche und das Narkosegas. "Ganz einfach und praktisch" sei das Gerät zu bedienen. Es muss ja schließlich schnell gehen, Markowski ist die einzige Ärztin im Krefelder Zoo. Die Elf-Liter-Flasche auf dem Wagen gibt 2370 Liter Sauerstoff her, das reicht eine ganze Weile. Aus dem einen Schlauch fließt dann der Sauerstoff, aus dem anderen das Narkosegas.

Stefanie Markowski erläutert, dass Tiere, anders als Menschen, nicht beatmet werden, sondern selbst atmen. Dennoch bekommen die Patienten einen Schlauch ins Maul, das ist das einfachste. Intubieren, nennt das die Tierärztin. Der Wagen ist in Kanada gefertigt und zusammen mit Monika Plass von der Firma Air Liquide hat Stefanie Markowski ein paar Optimierungen an dem Gerät vorgenommen. Etwa die Sauerstoffflasche gewechselt und das Metallgehäuse zurechtgeschnitten. Dafür waren die Auszubildenden des Unternehmens am heimischen Standort Krefeld zuständig.

Gerade die Sauerstoffflasche sei gefährlich, erzählt Monika Plass, die mit ihrer Firma eher in der Humanmedizin zuhause ist. Denn wenn die hinfällt, könnte es passieren, dass sie durch die Wand schießt und so Tiere und Menschen gefährdet. Die Flasche allerdings, die auf dem Wagen von Stefanie Markowski steht, hält eine Fallhöhe von anderthalb Metern locker aus. Auf einer Konferenz im November stellen die beiden Frauen den Wagen noch anderen Zoos vor.

Eine Atemmaske brauchten die drei Tapirs nicht. Carlos und Luara sind gesund, nur Saskia hüstelt. Die läuft noch immer von rechts nach links.

(RP)
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