Krefeld Mit Nutella auf Rattenjagd

Krefeld · Wenn die Terrasse zum Tummelplatz für Ratten wird, ist Schluss mit lustig: Unsere Autorin ist auf die Jagd gegangen - und hatte den besten Erfolg mit der klassischen Schnappfalle Typ "Genickbruch". Der Köder: Nutella.

 Jörg Juraschek von Profi-Tox zeigt die Schnappfalle "T-Rex": Der Mechanismus erinnert an einen Dinosaurier-Schlund mit spitzen Zähnen.

Jörg Juraschek von Profi-Tox zeigt die Schnappfalle "T-Rex": Der Mechanismus erinnert an einen Dinosaurier-Schlund mit spitzen Zähnen.

Foto: Carola Puvogel

Hätte ich doch nur die Geistesgegenwart gehabt, ein Foto zu machen. Ein Beweisfoto von dem Moment, als die dicke fette Ratte einen Meter vor mir über das Terrassengitter balanciert. Am helllichten Tag! In meinem Garten! Stattdessen stoße ich einen spitzen Schrei aus - ziemlich alberne Reaktion, wie ich im Nachhinein denke - springe auf und wedele mit dem Armen, um das Viech zu vertreiben. Blitzartig ist es im Efeu verschwunden. Man hört es noch rascheln. Nicht cool.

Google als Ersthelfer sagt: "Wo eine Ratte ist, da sind noch mehr". Ein ganzes Nest wahrscheinlich. Weibchen, erfahre ich, können zwölf Mal im Jahr bis zu 20 Junge werfen. "Ratten verbreiten gefährliche Krankheitserreger, verunreinigen Vorräte und Nahrungsmittel und verursachen Schäden an Kabeln und elektrischen Anlagen", schreibt der Schädlingsbekämpfer Rentokil. "Eine Rattenplage im unmittelbaren Umfeld von Haus, Wohnung oder Garten bedeutet daher auch Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Haustier." Und, lese ich: Ratten seien scheu. Sieht man sie am helllichten Tag, deute das auf sehr starken Rattenbefall hin.

Also besser keine Zeit verlieren: Kurze Zeit später stehe ich im Baumarkt meines Vertrauens und lasse mich beraten. Die Verkäuferin empfiehlt Gift. Erstaunlicherweise steht das Rattengift frei verfügbar im unteren Regalbrett und ist nicht etwa in einem abschließbaren Schrank aufbewahrt. Es sei dennoch Vorschrift, sagt die Fachfrau, die Giftköder nicht frei auszulegen, sondern in einer abschließbaren Box, die wie ein kleiner Tunnel angelegt ist, durch den die Schädlinge hindurchlaufen. Der Grund ist offensichtlich: Andere Tiere und natürlich Kinder sollen geschützt werden. Wieder zuhause stelle ich die munitionierte Box wie empfohlen in den vermuteten Laufweg der Tiere. Dann heißt es warten.

Die sommerlichen Abende auf der Terrasse sind jetzt nicht mehr entspannend, sondern Nervensache. Denn ununterbrochen raschelt es in unmittelbarer Nähe im Efeu. Völlig ungerührt flitzen die Nager über die Terrasse in den Garten und retour. Der Köder hingegen ist auch Tage später unangetastet.

Der Krefelder Unternehmer Jörg Juraschek, Sachkundiger bei Profi-Tox in Sachen Schädlingsbekämpfung, erklärt mir später, warum: "Ratten haben Angst vor Umgebungsveränderung, Neophobie nennt man das. Die sind erst mal scheu, irgendwann aber überwiegen dann Neugierde und Fraßtrieb." Ein Rudel, so seine Erfahrung, umfasse meist zehn bis zwölf Tiere. Im günstigsten Falle. Der landläufigen Meinung, der Tod durch Rattengift sei für die Tiere qualvoll, widerspricht er entschieden. "Die Tiere schlafen einfach ein", sagt Juraschek. Ich hoffe, das stimmt.

Eine Nachfrage beim städtischen Gesundheitsamt ergibt, dass die durch Ratten gefürchteten gesundheitlichen Schäden beim Menschen ziemlich unwahrscheinlich sind. Ja, Ratten könnten theoretisch Krankheiten übertragen, das Hantavirus etwa. Aber solche Fälle seien in Krefeld nicht bekannt. Panik solle man vermeiden und die Bekämpfung Profis überlassen. Mittel der Wahl, erklärt Jörg Juraschek, sei dann ebenfalls Gift. Alternativ hat er auch die Rattenfalle Modell "T-Rex" im Sortiment: Das Ding aus Plastik sieht aus wie ein Dinosaurierschlund. Als Lockmittel verwendet der Profi nach Vanille oder Schokolade duftende Köder.

Meine Rattenjagd im heimischen Staudenbeet ist zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgreich gewesen: Nach dem nicht akzeptablen Moment, als tagsüber zwei Ratten in trauter Eintracht durch den Garten flitzen, fahre ich erneut zum Baumarkt und kaufe ein halbes Dutzend Standard-Rattenfallen Prinzip "Genickbruch" à 2, 79 Euro. Ein Klecks Nutella als Köder - und fünf Minuten später ist der erste Nager tot. So schlau, wie immer behauptet, können die Viecher also nicht sein, denn insgesamt vier Stück lassen auf diese Weise ihre Leben. Die Entsorgung des Kadavers kostet etwas Überwindung - der Entschluss, die tote Ratte in der Falle zu belassen und beides in den Müll zu tun, fällt ganz leicht. Einige Giftköder sind später auch verschwunden. Zwei Wochen später ist der Spuk vorbei.

Eine Facebook-Bekannte von mir findet mein Vorgehen grausam, schreibt an meine Pinnwand: "Kein Tier hat es verdient, so zu sterben." Auf mein Angebot, sie könne das Rudel ja adoptieren und auf ihrer Terrasse wohnen lassen, reagiert sie nicht. Eben.

(RP)
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