Krefeld Michael Feindler nimmt Kurs auf das "Schwarze Schaf"

Krefeld · In der ersten Vorrunde zum Niederrheinischen Kabarettpreis hat das Publikum einen eindeutigen Favoriten gewählt: Michael Feindler beeindruckt mit Witz und Lyrik.

 Kai Spitzl ging als Mann mit Klavier ins Rennen - und glänzte mit schwarzem Humor.

Kai Spitzl ging als Mann mit Klavier ins Rennen - und glänzte mit schwarzem Humor.

Foto: T. Lammertz

In puncto Stimmung schneidet Krefeld eindeutig besser ab als Emmerich. Mit dieser Feststellung bringt Christoph Brüske das Publikum im ausverkauften Südbahnhof auf Temperatur: Der Kabarettist moderiert die Vorentscheide um den niederrheinischen Kabarettpreis "Das Schwarze Schaf". Am Vorabend war Emmerich Austragungsort, jetzt erwarten die Krefelder die ersten sechs der zwölf Finalisten.

Den Anfang macht das westfälische Doppel Blömer/Tillack. Sein Kabarett ist politisch und wird vor allem mit ganzem Körpereinsatz gespielt. Doch bevor der erste Lacher aus dem Publikum kommt, dauert es ein bisschen. Mit ihren "Dachdeckergedanken"- eine sinnfreie Ode an das Dach mit Sätzen wie "Oh, ich möchte aus deiner Rille schlürfen" - kommen Bernd Blömer und Dirk Tillack besser an. Richtig begeistern sie mit einer Sarkozy-Parodie. Die von Blömer mit französischem Akzent vorgetragenen Alpträume des Ex-Staatspräsidenten illustriert Tillack gestisch und findet wunderbare, akrobatische Körperbilder, die der Situation Absurdität verleihen, ohne dabei in Klamauk abzurutschen.

"Ich sehe was, was du nicht bist" lautet der Titel des Programms von Kai Spitzl aus Köln. Er klimpert auf seinem Klavier, macht sich Gedanken über seine Generation, die unpolitisch und selbstverliebt durchs Leben spaziere. Lebensstile und Trends sind oft Thema. Den Marathon-Hype in Großstädten kann Spitzl nicht teilen. Um den leidigen Straßensperrungen wegen der Laufveranstaltungen ein Ende zu setzen, hegt der gebürtige Franzose einen bösen Plan mit zahlreichen Pointen und einer großen Portion schwarzem Humor.

Von Kandidat Sebastian Nitsch erfährt das Publikum, dass er Dinge gerne hinauszögert. Als ehemaliger Werbetexter macht er sich über Slogans lustig, die mehr Schönheit versprechen. Er kommt zu dem Schluss, dass es sich lohne, die kleinen Dinge des Lebens zu feiern und Neues zu wagen. Ein Kabarett mit viel Herz und Interaktion mit dem Publikum. De Frau Kühne ist die einzige Frau an diesem Abend. Voller Selbstironie kämmt sie den täglichen Wahnsinn vor und hinter der Haustür gegen den Strich. Nicht selten findet sich das Publikum in ihren bissigen Erzählungen wieder. Mit Michael Feindler, Jahrgang 1989, stellt sich dem Publikum ein Kabarettist und Lyriker vor, von dem sicher auch in Zukunft noch die Rede sein wird. Mit "Das Lachen der Ohnmächtigen" stellt er kompromisslos und scharf Fragen der Zeit. Er reimt, singt und analysiert Politik und Gesellschaft. Mit eingängigen Melodien auf seiner Gitarre kommt das zunächst harmlos daher. Dann zeigt sich Feindlers Wortgewalt. Er ist so bitterböse, dass einem das Lachen im Halse steckenbleibt. Bei Christoph Tiemann wirkt das Publikum schon etwas müde, denn der Kabarettmarathon dauert jetzt bereits mehr als zwei Stunden, und so lässt es sich leider nicht mehr recht begeistern. Der Radiomoderator spielt unter anderem ein transzendentales Quartett zum Thema Jenseits nach. Mit großer Ähnlichkeit parodiert Tiemann den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, aber erntet dafür nur höflichen Applaus.

Vielleicht hat sich das Publikum da bereits für den Sieger des ersten Vorrunden-Abends entschieden: Mit großer Mehrheit siegt der junge Michael Feindler. Ein zorniger und talentierter Nachwuchs-Kabarettist, der seine Chancen auf das "Das Schwarze Schaf" an diesem Abend untermauert hat.

(RP)
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