Krefeld Meyers Sieg verändert die Politik

Krefeld · Die SPD-Positionen werden im Rat durch die Oberbürgermeisterstimme gestärkt. Dies kann politische Auswirkungen etwa auf die Büchereischließung in Uerdingen haben. Auch personell verändert der Meyer-Wahlsieg viel.

Krefeld: Meyers Sieg verändert die Politik
Foto: RP-Fotos (2) Thomas Lammertz

An Tag eins nach dem historischen Wahlsieg der Krefelder SPD ging im Rathaus gestern zunächst alles den normalen Gang: Für 8 Uhr hatte Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) ins Rathaus geladen - wie üblich vor einer Ratssitzung. Die SPD-Vertreter wie Fraktionsgeschäftsführer Dirk Plaßmann kamen - trotz Party mit Musik von Beatles bis Udo Jürgens in der Nacht zuvor. SPD-Fraktionsmitarbeiter David Nowak erschien sogar schon um 7 Uhr ins Rathaus, ohne aber vorher ins Bett gestiegen zu sein. "Ich habe mir vorgenommen, einmal in meinem Leben direkt vom Parteibüro am Südwall ins Fraktionsbüro im Rathaus zu gehen", sagte Nowak. Auch Krefelds neuer Oberbürgermeister Frank Meyer ist nach eigener Aussage "sehr spät, besser: sehr früh" ins Bett gekommen. Bei der SPD herrschte gestern immer noch Feierstimmung: Erstmals seit 21 Jahren sitzt wieder ein SPD-Mann im Chefsessel des Rathauses. Bis auf Traar/Verberg hat Meyer in jedem Ratswahlbezirk die Mehrheit geholt, in zehn Bezirken sogar über 70 Prozent.

Die politische Zäsur - einige der Folgen des Machtwechsels werden sich erst in den kommenden Monaten und Jahren herauskristallisieren.

politische Agenda: "Ich bin völlig überwältigt. Was eine wunderbare Nacht mit vielen Freunden in #krefeld. Danke Euch allen. Morgen beginnt die Arbeit", schrieb Meyer bei Facebook, wo er sehr rege kommuniziert. Schnell wird er aber zum politischen Alltag übergehen müssen. Noch am Wahlabend betonte Meyer, dass alle Zusagen, die vor 18 Uhr galten, auch weiterhin bestünden. Er konkretisierte gestern: "Ich werde schnell die Bezirksvertretungen besuchen wollen, außerdem auch die Nachbarkommunen." In die Partnerstadt Venlo werde er schnell fahren. Mit einer Mehrheit im Rücken wird Meyer jetzt auch in strittigen Fragen wie der Schließung der Bücherei in Uerdingen Weichen stellen können. Noch am Wahlabend übergaben Mitglieder des Initiativkreises für die Wiedereröffnung der Bücherei ein großes Plakat. Wenig Handlungsspielraum hat Meyer im Falle des in die Türkei abgeschobenen Adnan - Hans Butzen, Mitglied der Ausländerrechtlichen Beratungskommission, machte gestern deutlich, dass es eine Verwaltungsentscheidung gibt, an der nachträglich nicht gerüttelt werden könne.

Frank Meyer ist ab dem 21. Oktober, dem Tag seines Amtsantritts, kein Ratsherr mehr. Für ihn rückt die SPD-Landtagsabgeordnete Ina Spanier-Oppermann nach. Sogar Hans Butzen, der nach Spanier-Oppermann nächster Nachrücker wäre, macht sich Hoffnung auf einen Ratsmandat, "wenn ein weiteres SPD-Ratsmitglied ausscheidet". Für die SPD bedeutet Meyers Wahlsieg außerdem, dass die Chance auf Mehrheiten steigen: CDU und SPD haben 20 Sitze - der Oberbürgermeister hat zusätzlich eine Stimme. Faktisch hätte die SPD also künftig mit Linken und Grünen, auch ohne die Piraten, eine Mehrheit. Offen aber ist, ob Meyer bei allen Themen mit seiner Fraktion stimmen wird. SPD-Fraktionschef Ulrich Hahnen zeigte sich zuversichtlich, dass es in vielen Sachfragen weiter Einigkeit gibt. Meyer werde als Oberbürgermeister zu den Fraktionssitzungen eingeladen.

im Rathaus: Der ehemalige Dezernent Roland Schiffer war der letzte mit SPD-Parteibuch im Rathaus. Nach dessen Ausscheiden hatte die SPD beklagt, dass die CDU gegen die üblichen Gepflogenheiten keinen SPD-Kandidaten für ihn nominierte. Bis die SPD allerdings Personal wechseln kann, vergehen Jahre. Als erster muss Kämmerer Ulrich Cyprian im Februar 2019 neu gewählt werden, es folgen Martin Linne (Oktober 2019), Thomas Visser (Dezember 2019), Beate Zielke, (August 2020) und Gregor Micus (Oktober 2020). Der Rat muss abstimmen.

Meyer betonte im Gespräch mit unserer Redaktion gestern noch einmal, dass er als SPD-Vorsitzender zurücktreten werde. "Rechtlich sind beide Ämter zwar miteinander vereinbar, ich halte sie aber nicht für vereinbar, weil ein OB Überparteilichkeit an den Tag legen muss." Er wolle sich mit voller Kraft dem OB-Amt widmen. Im Herbst soll es einen Sonderparteitag geben, bei dem die Nachfolge festgelegt wird. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten die beiden Stellvertreter Ina Spanier-Oppermann und Benedikt Winzen. Ulrich Hahnen, dritter Stellvertreter und SPD-Fraktionschef, hat gegenüber unserer Redaktion bereits angekündigt, das Amt nicht übernehmen zu wollen.

Bisher war Frank Meyer erster Bürgermeister und somit Stellvertreter von OB Kathstede. Konnte Meyer keine Termine in Vertretung Kathstedes einnehmen, sprang als zweite Bürgermeisterin Karin Meincke (CDU) ein. Als Fraktion mit den meisten Stimmen bei der Kommunalwahl hat die SPD das Vorschlagsrecht für den ersten Bürgermeister. Der Kandidat muss aus der Ratsfraktion kommen. Der von der CDU am Wahlabend mehrfach genannte ehemalige SPD-Ratsherr Hans Butzen, derzeit Bezirksvorsteher in Hüls, scheidet deshalb als Kandidat aus. Entscheidet sich die SPD für eine Frau als Gegengewicht, wären Gisela Klaer und Anke Drießen-Seeger Kandidatinnen.

(RP)
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