Krefeld Liebeslieder an einem schwarzen Tag

Krefeld · Die New Yorker Band Nada Surf gastierte am Tag der Präsidentenwahl in der Kulturfabrik. Die Musiker stehen jetzt für das andere Amerika. Bis zum Ende kamen sie ohne das böse T-Wort aus.

Krefeld: Liebeslieder an einem schwarzen Tag
Foto: Sebastian Peters

Die Zugabe war gespielt, die Musiker waren von der Bühne gegangen, das Publikum aber wollte diesen verflixten Tag, der so dunkel begonnen hatte, nicht gewöhnlich enden lassen. Selbst wenig feinfühlige Zeitgenossen mussten spüren, dass die New Yorker Band Nada Surf an jenem Tag, an dem ein gewisser Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten gewählt wurde, seelischen Beistand benötigt. Das ganze Konzert schon hatte schließlich im Zeichen der Verbrüderung gestanden, eine Trutzburg gegen Hass-Pamphlete - Nada Surf sangen über Liebe, Outsider, das freie Amerika. Also kam es zum Ende, wie es kommen musste: Sänger Matthew Caws kam doch noch einmal mit Akustikgitarre heraus und spielte zu stimmlicher Begleitung seiner beiden Mitmusiker und des gesamten Publikums eines der schönsten Lieder, das seine Band je geschrieben hat: "Blizzard Of '77", nur knapp zwei Minuten lang. Ein magischer Moment an einem eigentlich doch so magiefreien Tag!

Vor 20 Jahren erschien das Debüt von Nada Surf namens "High/Low" - die damalige Single "Popular" ist noch immer der größte Hit der Band, was wohl einiges über ihren seltsamen Karriereweg aussagt. Sie galten zwar als einer der Pioniere des Alternativ-Rock, verpassten den Mainstream aber immer knapp - und als 2002 "Let Go" erschien, da offenbarte sich erst retrospektiv, welch großer Wurf der Band da gelungen war. Das neue Album "You know who you are" ist wieder gespickt mit heimlichen Hits - es reichte nur zu Platz 190 der UK-Charts. Nada Surf stehen also immer etwas neben sich, aber immerhin stehen sie, und sie stehen für das andere Amerika.

Einen ganzen Abend lang schafften es Nada Surf in Krefeld, das T-Wort nicht zu erwähnen. Den Namen Trump nahm Sänger Matthew Caws nicht in den Mund. Und doch musste man bei vielen dieser Verse an das zerrüttete Amerika anno 2016 denken. Das Hadern einer Band mit dem Land, in dem sie wohnen, früher mal "Land Of The Free", war allgegenwärtig. Gleich zu Beginn zum Beispiel, als der Mann an den Tonreglern das Einstellen der Mikros verschlief und Caws' Stimme nicht zu hören war. "Ich wusste schon heute Morgen, dass es kein guter Tag ist", sagte da Bassist Dani Lorca schmunzelnd. An anderer Stelle sagte Matthew Caws: "Die Zeiten sind hart gerade. Es fühlt sich verrückt an. Wir bitten um Entschuldigung" - was ohne Zweifel ein Hinweis auf das unerwartete Wahlverhalten seiner Mitbürger war. Und auch einer der Höhepunkte des Abends, das schnulzig-kitschige "Always Love", war eine Antwort auf die politischen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Zum Schluss sangen Nada Surf tatsächlich diese Ausrasterhymne "Blankest Year" mit dem herrlichen Refrain "Fuck It/ I'm gonna have a party", was man recht höflich mit "Ach egal, ich feiere einfach weiter" übersetzen kann. Das Publikum reagierte, indem es den Refrain wiederholte. "Ich feiere einfach weiter". So ging es in die Nacht.

Vier Jahre wird Donald Trump jetzt als amerikanischer Präsident wohl seine schrägen Töne von sich geben. Es ist der Band Nada Surf zu wünschen, dass sie etwaige Hass-Propaganda weiter mit Liebesliedern beantwortet. Always Love! Foto: sep

(RP)
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