Krefeld Kunstwerk ehrt Retterin einer jüdischen Mutter

Krefeld · Anna Tervoort ist die einzige Krefelderin, die als "Gerechte unter den Völkern" in der Gedenkstätte Yad Vashem geehrt wird. Die NS-Dokumentationsstelle erinnert jetzt daran mit einem Kunstwerk.

 Künstlerin Ingrid Krusat-Dahmen (l.) mit Ingrid Schupetta und Burkhard Ostrowski von der NS-Dokumentationsstelle mit dem Kunst-Baum für Anna Tervoort. Vorbild ist der ihr zu Ehren gepflanzte Baum in Yad Vashem. Wer Tervoort für ihren Einsatz für eine jüdische Familienmutter ehren will, kann seinen Namen auf einem der Blätter verewigen.

Künstlerin Ingrid Krusat-Dahmen (l.) mit Ingrid Schupetta und Burkhard Ostrowski von der NS-Dokumentationsstelle mit dem Kunst-Baum für Anna Tervoort. Vorbild ist der ihr zu Ehren gepflanzte Baum in Yad Vashem. Wer Tervoort für ihren Einsatz für eine jüdische Familienmutter ehren will, kann seinen Namen auf einem der Blätter verewigen.

Foto: Thomas Lammertz

Die ständige Ausstellung "Krefeld und der Nationalsozialismus" in der Villa Merländer wurde jetzt um ein neues Exponat ergänzt. Geschaffen hat es die Künstlerin Ingrid Krusat-Dahmen zur Erinnerung an Anna Tervoort, die in den letzten Monaten des Nazi-Regimes eine jüdische Familienmutter bei sich versteckte und dadurch vor der Deportation und Ermordung bewahrte.

Johanna Werner war Jüdin, aber mit einem sogenannten Volksdeutschen verheiratet. Diese in sogenannten Mischehen lebenden Juden wurden lange Zeit von der Vernichtung ausgespart. Erst in den letzten Kriegsmonaten wurden auch viele von ihnen in die Todesfabriken im Osten deportiert.

 Anna Tervoort (rechts) mit ihrer Familie auf einem nicht datierten Familienfoto.

Anna Tervoort (rechts) mit ihrer Familie auf einem nicht datierten Familienfoto.

Foto: Stadt Krefeld

Im Rahmen eines Projekts der NS-Dokumentationsstelle unter dem Titel "Unbesungene Helden" meldete sich in den 1990er Jahren Ruth Jenkes, eine Tochter der Johanna Werner, und berichtete, wie Anna Tervoort ihrer Mutter das Leben gerettet hatte. Als im September 1944 die Razzien der Gestapo auch die Familie Werner bedrohten, erklärte sich ein Hülser Bauer bereit, Johanna Werner auf seinem Hof zu verstecken. Dessen Frau aber war strikt dagegen, und so landete Johanna Werner bei dessen Schwägerin Anna Tervoort. Dort konnte sie mehrere Monate bleiben, bis es auch zu unsicher wurde. Nach einer kleinen Odyssee landete sie schließlich im Krefelder Bahnhofsbunker, wo sie auch ihren Mann und ihre Kinder wiedersah. In dem Chaos, das dort in den letzten Monaten vor Kriegsende herrschte, gelang es ihr, unentdeckt zu bleiben, und so erlebte die ganze Familie schließlich die Befreiung durch amerikanische Soldaten. Der Kontakt zwischen Johanna Werner und ihrer Retterin riss nie ab.

Reinhard Schippkus und Burghard Ostrowski recherchierten den Fall und brachten ihn der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel zur Kenntnis. Daraufhin wurde Anna Tervoort 1997 als bislang einzige Person in Krefeld mit dem Titel "Gerechte unter den Völkern" geehrt. Sie verstarb wenig später. In Yad Vashem wird für jeden so Geehrten ein Baum gepflanzt. Daran knüpft Ingrid Krusat-Dahmen mit ihrer Skulptur an. Ein Stahlblech symbolisiert den Baumstamm, und es gibt mit Magneten ausgestattete Baumblätter. Jeder Besucher, der die Geschichte von Anna Tervoort hört und sie seinerseits ehren möchte, kann seinen Namen auf ein Blatt schreiben und es an den Baumstamm heften.

"Wir haben diese Stele als letzte Station unserer Ausstellung gesetzt, weil die Geehrte gezeigt hat, wie man auch unter totalitären Regimen Anstand und Mitmenschlichkeit wahren kann", kommentiert Ingrid Schupetta, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle in der Villa Merländer.

(RP)
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