Krefeld Kunstmuseum Ahlen zeigt Campendonk

Krefeld · Die Arbeiten des berühmten Krefelder Expressionisten Heinrich Campendonk sind Forschungsgegenstand und Ausstellungsobjekte gleichermaßen. Am Internationalen Museumstag, 17. Mai, ist die Vernissage mit rund 50 Exponaten.

Wohl dem, der gute Freunde hat: Das trifft für die am Sonntag, 17. Mai, beginnende Ausstellung von rund 50 Exponaten aus allen Schaffensphasen des berühmten Krefelder Expressionisten Heinrich Campendonk im Kunstmuseum Ahlen gleich in zweifacher Hinsicht zu. Die Kuratoren aus Westfalen durften auf die Hilfe und die Unterstützung der Kollegen aus ihrer Partnerstadt Penzberg bauen. Neben ausgewählten Werken Campendonks aus Privatsammlungen zeigt Ahlen nämlich ein breites Spektrum aus Penzberg.

Dort widmet man sich seit 2002 dem Werk Campendonks, des Jüngsten der Blauen Reiter, und bewahrt einen Teil seines Nachlasses. In der Sammlung befinden sich zehn seiner Hinterglasbilder, darunter die "Gralsburg" von 1923 als Dauerleihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung in München. Eine grundsätzliche konservatorische Problematik jeder Hinterglasmalerei ist die schwache Haftung der Malschicht auf dem Glas. Aus der musealen Aufgabe der Bewahrung entwickelte sich ein Forschungs- und Konservierungsprojekt an den Hinterglasbildern, das von der Ernst von Siemens Kunststiftung finanziert wird.

Unter dem Titel "Zwischen Traum und Wirklichkeit. Heinrich Campendonk - die Penzberger Sammlung" lädt das Kunstmuseum Ahlen zur Vernissage am Internationalen Museumstag ein. Die ausdrucksstarken Bildwelten Campendonks (1889-1957) faszinieren besonders durch ihre fantastische Deutung der Wirklichkeit. Mit ihren sensiblen farbigen Setzungen erkundet zeitgleich die Berliner Künstlerin Elisabeth Sonneck (geboren 1962) den Neubau des Kunstmuseums und ermöglicht mit ihrer "in situ"-Arbeit völlig neue räumliche Erfahrungen. Malerei wird in den Raum erweitert, der Besucher zum Akteur der dreidimensionalen Bildsituationen. "mono poly" bezeichnet die Anreicherung jedes Farbtones durch minimal verschiedene oder auch völlig konträre farbliche Nuancen, die den ursprünglichen Grundton zu vielstimmigen Farbklängen steigern. Die Ausstellung mit Arbeiten der beiden Künstler bildet den ersten Teil der Reihe Intermezzo 2015.

Auf gute Freunde konnte sich der von den Nazis geächtete Künstler Campendonk auch in unruhigen Zeiten verlassen. Im benachbarten Meerbusch genoss er bis 1933 im früheren Speisesaal des Schlosses Haus Meer die Gastfreundschaft von Ilse und Werner Witthaus, die während des Nationalsozialismus auch den so genannten Kerzianern eine Heimat für ihre Treffen gaben - unter den Kerzianern waren bekannte und berühmte - und ebenfalls als entartete Künstler gebrandmarkte - Kollegen Campendonks wie Ewald Mataré, Heinrich Nauen sowie Campendonks Lehrer Johan Thorn Prikker. Die Runde mit Geistlichen und Sammlern traf sich beim Kerzenschein zum Gedankenaustausch und beendete ihre Treffen regelmäßig mit dem lautstarken Singen des Liedes "Die Gedanken sind frei". Vor der Machtergreifung der Nazis tagten die Kerzianer öffentlich in Gaststätten. Campendonk, in Krefeld geboren und Sohn eines Textilkaufmanns, brach 1905 eine Lehre der Textilkunde ab und erhielt von 1905 bis 1909 eine künstlerische Ausbildung bei Jan Thorn Prikker an der damals sehr fortschrittlichen Kunstgewerbeschule in Krefeld. Er war befreundet mit Helmuth Macke, August Macke, Wilhelm Wieger, Franz Marc und Paul Klee. 1909 knüpfte er erste Kontakte zu Mitgliedern der Neuen Künstlervereinigung in München. Mit der Unterstützung von Wassily Kandinsky und Franz Marc fand Campendonk Anschluss an die Gruppe, die unter dem Namen "Blauer Reiter" berühmt wurde.

Zahlreiche Künstler der Klassischen Moderne hatten die alte, aber nicht akademisch vermittelte Technik der Glasmalerei für sich entdeckt und in eigenen Experimenten weiterentwickelt. Campendonk lernte sie 1911 im Kreis der Künstler des Blauen Reiters kennen und zeigte - wie auch Franz Marc und Wassiliy Kandinsky - bereits in der Ausstellung in der Galerie Thannhauser ein Hinterglasbild.Bis in sein Spätwerk Anfang der 50-er Jahre behielt Campendonk diese Technik bei und entwickelte sie zu einer reichen und subtilen Ausdrucksform.

Im Jahr 1934 verließ Heinrich Campendonk seine Heimatstadt und emigrierte zunächst nach Belgien und von dort später in die Niederlande. Die Diffamierung seiner Bilder unter dem Schlagwort "Entartete Kunst" (87 seiner Werke wurden beschlagnahmt) musste er aus dem Exil in Amsterdam miterleben. Nach dem Krieg kehrte er nicht nach Krefeld und nach Deutschland zurück, sondern blieb in Amsterdam, wo er am 9. Mai 1957 hochgeehrt und als Niederländer naturalisiert starb.

(RP)
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