Atelierbesuch Bei Elisabeth Schlanstein Künstlerin sucht das Licht im Schwarz

Krefeld · In ihren neuen Bildern nimmt die Künstlerin die Dunkelheit als das Generelle. Im Atelier an der Forstwaldstraße können sich Besucher auf eine Entdeckungstour machen - und im Schwarz eine enorme Spannung erleben.

 "Waldartig" nennt Elisabeth Schlanstein diese Acrylarbeit. Das leuchtende Grün ist Nebensache: Hier geht es um die besondere Licht-Wirkung von Schwarz und Weiß.

"Waldartig" nennt Elisabeth Schlanstein diese Acrylarbeit. Das leuchtende Grün ist Nebensache: Hier geht es um die besondere Licht-Wirkung von Schwarz und Weiß.

Foto: Petra Diederichs

Schwarz ist alles andere als einfach. Das hat Elisabeth Schlanstein schnell festgestellt. Aber das motivierte die Künstlerin, jetzt erst recht weiter zu experimentieren mit dieser Nicht-Farbe. Und so entstehen derzeit in ihrem Atelier an der Forstwaldstraße Bilder in umgekehrter Reihenfolge. "Ja, ich male von Schwarz hoch", sagt sie. Im Klartext heißt das: Die Künstlerin geht aus von einer generellen Dunkelheit, die sie auf der Leinwand mit hellen Lichtreflexen belebt. Wer die Schwarz auf Weiß gemalten Bilder vergleicht mit denen, die Weiß auf Schwarz setzen, erkennt intuitiv, dass für jeden Kosmos andere Gesetze gelten. "Die Tiefenwirkung bei den schwarzgründigen Bildern ist wesentlich plastischer", sagt Elisabeth Schlanstein. Das Licht, das seine Strahlkraft aus der Düsternis heraus entwickelt, wirkt heller, kräftiger. "Wenn wir vom Universum ausgehen, dann ist die Dunkelheit das Generelle. Und auf Dunklem heben sich helle Dinge intensiver ab." Das Licht, das auf Gegenständen reflektiert wird, hat die Malerin schon immer fasziniert. "Als Kind habe ich im Rijksmuseum ein altes Ölbild von Rembrandt gesehen und war fasziniert, wie er die Wirkung des Lichts eingefangen hat", erzählt Schlanstein. Auch das lebendige Leuchten der Perle in Jan Vermeers berühmtem Gemälde "Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge" hat sie immer schon ergründen wollen. Sie erinnert sich: "Bei meiner Oma bin ich auf die Chaiselongue geklettert, um mir ganz genau anzusehen, wie die Maler das Licht ins Auge bringen. Ich war überrascht: Das war nur ein Klecks", erzählt sie. Aber einer, der es in sich hatte. Elisabeth Schlanstein geht den Dingen in ihrer Kunst immer auf den Grund. Ihre Werkzyklen sind Spurensuchen. Von Bild zu Bild dringt sie tiefer vor auf der Suche nach Antworten zu den großen Themen "Fläche/Raum", "Hülle/Kern", "Dunkelheit/Licht" und "Unendlichkeit". Sie experimentiert, reflektiert - und vor allem beobachtet sie. Auch Dinge, die ein gewöhnlicher Alltagsblick nie entdecken würde: Elisabeth Schlanstein erkennt eine umwerfende Schönheit in einem Blister, einer metallischen Verpackung von Tabletten, wenn herbstliche Sonnenstrahlen sich darin fangen.

Die Wirkung setzt sie malerisch um. Schwarz, Weiß und die zahllosen Zwischennuancen lassen die Leinwand plastisch erscheinen. Das Muster des Tablettenblisters wird zur Landschaft. Auf einem knapp zwei Meter großen Acrylbild formt das gemalte Licht leuchtende Adern. Sofort deutet die Fantasie eine Landschaft, sieht Wolkengebilde, einen geheimnisvollen Wald. Elisabeth Schlanstein ist 1952 in Essen geboren. Sie hat an der TH und der PH in Aachen und in Hagen studiert und sich in Krefeld niedergelassen. Neben ihrem Beruf als Lehrerin hat sie immer auch als Künstlerin gearbeitet und ausgestellt. 2014 war sie an der Ausstellung "Die Große" in der Kunstsammlung Düsseldorf beteiligt. Vor allem für ihre Skulpturen, die das Verhältnis und die Veränderbarkeit von Raum und Fläche ausloten, hat sie mehrere Auszeichnungen erhalten - unter anderem für einen Brunnen in Waldniel.

Seit drei Jahren hat sie ein 60 Quadratmeter großes Atelier und ihre Wohnung unter einem Dach. Für die Künstlerin ist das ein Idealzustand, denn Leben und Arbeiten fließen ineinander. "Eins ergibt sich aus dem Anderen", sagt sie. Und das ist auch die Kurzformel für ihre Arbeit. Wie sich Licht und Dunkelheit beeinflussen, so gibt die Natur etliche Gesetze vor: Unendliche Vervielfältigung und Teilung ist seit Jahren ein wichtiges Prinzip in Schlansteins Kunst: Blätter und Zweige, Moleküle und Strukturen, die sie zahllos vermehrt, verdoppelt und wieder verdoppelt und dann wieder und noch einmal: Der Blick möchte sich in der Unendlichkeit verlieren, aber er bleibt doch immer an den fein gemalten Strukturen hängen. Und entdeckt immer Zusammenhänge zwischen Formen, Licht und Dunkelheit. So haben selbst die abstrakten Malereien jene erzählerische Kraft, die Schlanstein auch in den Naturbildern erreicht. Immer aber ist der Betrachter versucht, selbst zu ergründen, welche malerischen Pfade die Künstlerin bei ihren Bildern genommen hat.

Zurzeit meistens von der Dunkelheit ins Licht.

(RP)
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