Krefeld Krefelds ältester St.-Martin-Bettler

Krefeld · Seit 21 Jahren verkleidet sich Wolfgang Müller am Martinstag als Bettler, um auf Not und Armut hinzuweisen. Die Kinder in Fischeln sind von dem 81-Jährigen und seinem Auftritt jedes Jahr begeistert.

 Kinder fragen Wolfgang Müller, ob er wirklich so arm ist; sein Anblick fasziniert die Kleinen - seit nun 21 Jahren.

Kinder fragen Wolfgang Müller, ob er wirklich so arm ist; sein Anblick fasziniert die Kleinen - seit nun 21 Jahren.

Foto: Thomas Lammertz

Es ist Martinstag in Fischeln. Die Kinder ziehen mit ihren Laternen durch die Straßen und folgen dem berittenen Sankt Martin bis zum großen Feuer auf dem Marienplatz. Und dort, in der Dunkelheit, treibt sich noch eine weitere Gestalt herum, die oft vergessen wird: der Bettler. "Der Bettler ist eine wichtige Figur für die Geschichte", sagt Wolfgang Müller. Denn ohne den armen Mann hätte der Soldat Martin der Legende nach niemals seinen Mantel geteilt, und es würde diesen Feiertag gar nicht geben. "Ich verkörpere den Bettler mit großer Freude, um so das Brauchtum hochzuhalten", sagt der 81-Jährige.

Und diese Freude überträgt sich auch auf die, für die Müller seit inzwischen 21 Jahren am Martinstag immer wieder seine Verkleidung anlegt. "Ich habe eine kleine Fan-Gemeinde bei den Kindern", erzählt Müller und lacht. Denn die Kinder sind fasziniert von dem in Lumpen gekleideten Mann. Sie kennen ihn meist seit dem ersten Schuljahr und freuen sich jedes Jahr aufs Neue, ihn am Martinsfeuer zu treffen. "Dort staunen sie über meine mit Löchern und Flicken übersäte Kleidung und fragen mich, ob ich eigentlich wirklich arm bin", sagt Müller. "Die Kinder strecken die Hände nach mir aus und tippen mir sogar auf den Arm, um zu sehen, ob ich friere", sagt Müller, der natürlich mitspielt und extra ein bisschen mehr zittert. Wirklich kalt ist ihm übrigens nicht, warme Kleidung trägt er stets drunter.

Der 81-Jährige findet es schön, dass die Kinder sich nicht nur für Sankt Martin, sondern auch für den Bettler begeistern. "Mich wundert das zwar immer, finde es in der heutigen Zeit aber toll", sagt Müller. Denn vielen Menschen in der Gesellschaft gehe es schlecht - auf Armut und Not hinzuweisen sei äußerst wichtig.

Seine Rolle als Bettler verfolgt den langjährigen Vorsitzenden des Bürgervereins übrigens auch über den Martinstag hinaus. "Vor Kurzem habe ich eine Stadtteilführung für Kinder in Fischeln gemacht. Da haben mich einige sofort erkannt und gesagt 'Du bist doch der Bettler'. Das freut mich schon", sagt Müller. Manche haben ihn allerdings auch durchschaut, wie der 81-Jährige zugibt. "Im letzten Jahr ist am Martinstag ein Junge zu mir gekommen und hat gesagt: 'Du bist doch gar nicht arm, du hast ein grünes Auto'", erzählt Müller schmunzelnd und ergänzt: "Dieser Abend ist einfach jedes Jahr aufs Neue toll. Ich will ihn nicht missen."

(kron)
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