Krefeld Krefelderin stellt im Museum Kunstpalast aus

Krefeld · Claudia Schmidt malt großformatig. Ihre Arbeiten strotzen vor Energie und gewagten Farbkontrasten. Ab Samstag zeigt die Krefelderin zwei Bilder im Düsseldorfer Museum Kunstpalast, ihr Beitrag zur NRW-Ausstellung "Die Große 2016". Ein Atelierbesuch.

Nein, der Flamingo ist auf Anhieb nun wirklich nicht zu erkennen. Und nach Las Vegas sieht es auch nicht aus. Obwohl.... das Blau hat einen leuchtend-amerikanischen Effekt. Und Pink gibt es auch. Aber deutlicher wird Claudia Schmidt nicht. Wer ihr Bild "There's a new flamingo in Las Vegas" betrachtet, der soll sich gefälligst mit eigenen Augen auf die Suche begeben, eigene Erfahrungen auf die Leinwand werfen und sich öffnen für die Stimmung, die aus dem Bild herüberschwappt. Zwei "Flamingo"-Bilder (No. 1 und No.2) stellt die gebürtige Krefelderin im Museum Kunstpalast aus. Die NRW-Ausstellung "Die Große" wird am Samstag, 20. Februar, eröffnet.

Eindeutigkeit ist nicht Claudia Schmidts Anliegen. Im Gegenteil. "Ich will nicht den einen Schritt zuviel in die Klarheit gehen. Ich will diese Offenheit", sagt sie. Raum für Deutungsvielfalt. Die Titel ihrer Bilder seien zwar blickführend. "Aber man muss sie nicht lesen." Sobald etwas augenfällig klar wird, verliert es für die 62-Jährige an Reiz. Da sieht sie ihre Kunst in einer Wesensverwandtschaft zu den Texten von Peter Handke, den sie sehr schätzt. Das hat sie ihm einmal geschrieben. "So etwas habe ich sonst nie gemacht. Aber er hat mich eingeladen nach Paris. Wir hatten sehr intensive Gespräche über Kunst", erzählt sie. Solche Eindrücke klingen nach.

 Claudia Schmidt in ihrem Atelier an der Nieper Straße. In ihrer Geburtsstadt Krefeld hat die Künstlerin bisher noch keine Ausstellung gehabt.

Claudia Schmidt in ihrem Atelier an der Nieper Straße. In ihrer Geburtsstadt Krefeld hat die Künstlerin bisher noch keine Ausstellung gehabt.

Foto: T. Lammertz

Zu ihren wichtigen Impulsgebern zählt Claudia Schmidt auch Joseph Beuys. Als "inoffizieller Gaststudent", wie sie es nennt, hat sie mit knapp 18 Jahren seine Klasse an der Kunstakademie besucht. Kunst hat sie später in Bonn und Basel studiert, hat lange in der Schweiz gelebt, bevor sie sich vor drei Jahren wieder in ihrer Geburtsstadt Krefeld niederließ. Von Beuys hat sie vieles mitgenommen: "Er hat uns immer ermutigt, nicht zaghaft zu sein, sich auch zu trauen, über eine Grenze zu gehen, Schönheit zu zerstören." Ihr, der es nicht auf die schöne Malerei ankommt, sondern auf Energie, war das aus der Seele gesprochen. "Beuys setzte einem keine Grenzen, aber er hatte einen enormen Qualitätsanspruch. Er hat alles hinterfragt. Man musste sich dessen, was man tat, immer bewusst sein."

So arbeitet sie noch heute. "Ich arbeite eigentlich von zwei Seiten: Die eine ist das, was von mir kommt, die andere das, was vom Bild auf mich zukommt." Und das ist bei den von ihr bevorzugten Großformaten nicht wenig. Claudia Schmidt malt für Foyers und Eingangshallen. In Frankfurt, wo sie seit Jahrzehnten von der renommierten Galerie F.A.C. Prestel vertreten wird, gibt es einen großen Markt dafür. Die Flamingo-Bilder sind 2,80 Meter breit, das Gardemaß für ihre Leinwände. Dabei gibt sich die Künstlerin nicht dem Farbenrausch hin: Feine Lasuren sind meist der Anfang. Dann werden sie stärker. Manchmal bleiben sie zart in der Linie oder licht in der Farbe, oft explodieren sie geradezu. "Meine Intention ist die Stimmung, es ergibt sich eine verschärfte innere Notwendigkeit", erklärt sie. Aus dieser Notwendigkeit fügt sie allzu harmonischen Verläufen Verletzungen bei, verschmutzt Farbe oder beschädigt Formen, die ihr zu klar wirken.

Ob ein Bild mit Rot oder Grün beginnt, das weiß sie, bevor sie an die Leinwand tritt. Denn jede Farbe hat eine Eigenaussage, die ihr wichtig ist. Danach ergeben sich Farbsituationen, Spannungsgefüge. Sie malt mit großen, kraftvollen Bewegungen. Dieses Selbstbewusstsein im Gestus ist sichtbar. Auch die Energie, die durch Fantasie und Ausführung freigesetzt wird, ist spürbar. Ihre Bilder kann Schmidt in einem Satz beschreiben: "Ein Bild ist eine zur Ruhe gekommene Bewegung."

Farbe ist der Malerin wichtig. Ihr favorisiertes Pink mischt sie selbst an. Eine solche Leuchtintensität findet sie nicht im Handel. Und die Farbe hat für sie eine persönliche Geschichte. "Die Nachrichten waren voll mit Berichten über Krieg, Terror und Hinrichtungen. Ich musste einfach mal raus, Natur sehen." In einem kleinen Weiler bei Vluyn hatten Kinder mit rosafarbener Kreide aufs Pflaster geschrieben: "Halt! Wer kennt ein Frühlingslied?" Diese fröhliche Straßenbarriere war für sie ein Schlüsselerlebnis: "Und genau dieses Pink wollte ich in meinen Bildern haben", sagt sie. Es sei übrigens eine Farbe, die stark auf Männer wirke. "Es gibt tatsächlich weibliche und männliche Bilder. Und ich stelle immer wieder fest, dass das leuchtende Pink Männer mehr anspricht als Frauen. Die reagieren eher auf intensives Blau."

Angst vor Kitsch kennt die Künstlerin nicht. Sie empfindet sich als Dompteurin der Farben, die mit hochgradig verwandeltem Kitsch umgehen kann. "Das ist etwas, was ich in der Arbeit von Pina Bausch sehr schätze." Tanz ist Bewegung und inspiriert die Malerin. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit Butoh, dem japanischen Tanztheater, das ohne feste Formen arbeitet. Performances mit Klang, Texten und Tanz gehören deshalb zu Schmidts Projekten. Das jüngste war die Multimedia-Uraufführung "SonnenschattenMondhöfe" im vergangenen Jahr in der Duisburger Kunsthalle Cubus.

(RP)
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