Krefeld Krefelder läuft Marathon auf Grönland

Krefeld · Sascha Weyermann hat alles andere als die Statur eines Marathonläufers. Der 46-Jährige ist 1,90 Meter groß und wiegt 95 Kilogramm. Hitze verträgt der passionierte Kraft- und Ausdauersportler nicht so gut. So hat er sich für seine letzte große läuferische Herausforderung ein Rennen in Grönland in Höhe des Polarkreises ausgesucht. Im Oktober tritt er gegen die internationale Konkurrenz aus 140 Startern bei frostigen Minusgraden über Gletscher, Schnee und Geröll an.

 Sascha Weyermann und 140 weitere Starter machen sich im Oktober beim Polar Circle Marathon auf den Weg über Gletscher und Eis.

Sascha Weyermann und 140 weitere Starter machen sich im Oktober beim Polar Circle Marathon auf den Weg über Gletscher und Eis.

Foto: Albatros Adventure Marathon

Der erste Lauf mit Freunden rund um den Elfrather See war für Sascha Weyermann eine Tortur. Dass er sich dann doch noch für den Ausdauersport begeisterte, hängt mit dem Ehrgeiz des 46-jährigen Krefelders zusammen, der seit vielen Jahren am Bismarckplatz lebt und in der Chemischen Industrie arbeitet. Nun hat der 1,90 Meter große und 95 Kilogramm schwere Hüne die Bewältigung einer neuen Herausforderung ins Visier genommen - einen Marathonlauf auf Grönland bei zehn bis 15 Grad minus über Gletscher, Schnee und Geröll.

 Dick vermummt geht es auf Grönland auf die Marathon-Strecke.

Dick vermummt geht es auf Grönland auf die Marathon-Strecke.

Foto: Adventure Marathon

Massenveranstaltungen sind dem Krefelder ein Gräuel. "Mich hat es nie zu den Läufen nach New York, Boston oder auch Berlin gezogen", sagte er. Köln und Düsseldorf sei ihm absolut genug, vom Trubel eher schon zu viel gewesen. "Ich laufe gern alleine durchs Hülser Bruch", beschreibt er Gegensätzliches zu den heutigen Massen-Events.

 Sascha Weyermann startet zu seinem letzten Marathonlauf.

Sascha Weyermann startet zu seinem letzten Marathonlauf.

Foto: Lammertz

Grönland sei genau das Richtige für ihn, sagt er. Mit 140 Startern ein kleiner Teilnehmerkreis, keine Zuschauer, sportlich eine große Herausforderung und für ihn sein persönlicher Schlusspunkt, was die Teilnahme an Marathon-Läufen anbetrifft. Die mehr als 42 Kilometer gehen über Stock und Stein, Berg hoch und Berg runter. Als Athlet ist er komplett eingepackt in Funktionskleidung, trägt eine Gesichtsmaske und Spezialbrille. Die Laufschuhe sind mit Spikes ausgerüstet.

Seit Wochen befindet sich der Krefelder in der Vorbereitung. Seine Trainingspläne hat der zertifizierte Übungsleiter selbst geschrieben. Ein Sportmediziner hat seinen Gesundheits- und Fitnesszustand unter die Lupe genommen und grünes Licht für die Teilnahme am Extrem-Lauf gegeben. Neben Weyermann sind nur noch zwei bis drei weitere Deutsche am Start.

"Ich werde sicherlich mental und körperlich an meine Grenzen kommen", sagt der 46-Jährige und schildert, wie er als großer und schwerer Läufer auf dem rutschigen Untergrund um sein Gleichgewicht kämpfen muss. Weyermann kennt seine Stärken und Schwächen genau. Bei der Vorbereitung auf den Lauf auf Grönland folgt er lieber seinem Bauchgefühl und setzt auf seine Erfahrung, statt sklavisch den Trainingsplan umzusetzen. "Ich weiß ganz gut, was mir gut tut, und was ich besser lasse", erklärt er.

Mit dieser Einstellung reist er im Oktober nach Kopenhagen. Dort treffen sich alle 140 Teilnehmer, fliegen nach Kangerlussuaq in die Quartiere. Vom 500-Einwohner-Dorf geht es am 28. Oktober mit zwei Spezialbussen früh morgens und weit weg zum Start. "Das Ziel ist dann quasi unser Hotel in Kangerlussuaq. Dort können wir dann todmüde gleich ins Bett fallen", schildert Weyermann die Logik der Veranstalter bei dieser Vorgehensweise. Die Läufer starten tatsächlich von ihren Plätzen im Bus heraus. Sich für den Startschuss draußen aufzustellen, ist den Athleten viel zu kalt.

Der Ort, der etwa in Höhe des Polarkreises an der Westküste Grönlands liegt, ist im Übrigen gar kein so unbeschriebenes Blatt, wie man meinen könnte. Dem Flughafen von Kangerlussuaq fiel 1948/49 eine tragende Rolle während der Berlin-Blockade zu. Die Versorgung Berlins mit Gütern wurde von den Amerikanern über diesen Stützpunkt abgewickelt. Teile des Airports werden auch heute noch vom US-amerikanischen Militär genutzt.

Auch der deutsche Automobilkonzern Volkswagen schätzt die Abgelegenheit des Ortes und hat dort eine Teststrecke errichtet, um die so genannten Erlkönige (Neuentwicklungen) unter erschwerten Bedingungen auf Herz und Nieren und verborgen vor Industriespionen zu prüfen.

Das sind Testbedingungen, die auch Sascha Weyermann schätzt. Insgeheim liebäugelt er sogar damit, am Tag nach dem Marathonlauf noch an einem Halbmarathon teilzunehmen. "Das will ich offiziell nicht herausposaunen, und später muss ich kleine Brötchen backen", sagt er. Der 46-Jährige läuft die 42 Kilometer im Flachland in Zeiten um drei Stunden und 30 Minuten. Auf Grönland dürfte er deutlich langsamer sein. "Ich gebe mir 45 Minuten drauf", kalkuliert er. Ankommen sei das Wichtigste. Der Besenwagen sammelt alle Läufer ein, die aufgeben, und die, die nach sieben Stunden noch nicht im Ziel sind.

Weyermann macht sich allein auf die Reise, ohne Trainer, ohne Fans und ohne Familie. Ärzte und Physiotherapeuten stellt der Veranstalter. "Die kontrollieren an den Verpflegungsstationen, ob die Minustemperaturen schon zu Frostbeulen geführt haben", berichtet der Krefelder. Er sei optimistisch, dass alles gut gehe, schließlich möge er die Kälte und leide unter Hitze.

(sti)
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