Krefeld Krefelder Gemälde begeistert in Bonn

Krefeld · Die Kunstmuseen haben ein Werk von Hans Thoma an die Bundeskunsthalle ausgeliehen. Dort fasziniert es die Experten.

 Knisternde Spannung vor dem Gewitter: Hans Thomas Gemälde "Stille vor dem Sturm" gehört zur Sammlung der Krefelder Kunstmuseen. Zurzeit ist es in der "Wetter"-Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen. Dort hängt es in einem Raum mit Radierungen von Rembrandt.

Knisternde Spannung vor dem Gewitter: Hans Thomas Gemälde "Stille vor dem Sturm" gehört zur Sammlung der Krefelder Kunstmuseen. Zurzeit ist es in der "Wetter"-Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen. Dort hängt es in einem Raum mit Radierungen von Rembrandt.

Foto: KKM

Der Wind, der durch das halmfein dargestellte Kornfeld pustet, ist fast spürbar. Der dräuende Himmel darüber ist Vorbote eines unausweichlichen Unwetters. Karsten Schwanke hat lange vor dem Bild aus Krefeld gesessen und überlegt: "Ist das noch Sturm oder doch schon Gewitter?" Der Meteorologe hat sich für "Sturm" entschieden, trotz der Formation der Wolken, die eindeutig "Gewitter" rufen. Schwanke ist wissenschaftlicher Partner der Ausstellung "Wetterbericht. Über Wetterkultur und Klimawissenschaft", die in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen ist. Zu den 400 Exponaten aus Kunst, Kulturgeschichte und Naturwissenschaft dort gehört das Bild "Stille vor dem Sturm" von Hans Thoma (1839-1924) - eine Leihgabe der Krefelder Kunstmuseen.

"Gerade, dass nicht gleich klar ist, welche Kategorie die richtige ist, macht die Qualität des Bildes aus", sagt Kuratorin Henriette Pleiger. In Raum 9 mit dem Titel "Sturm" hängt es jetzt neben Radierungen des niederländischen Barockmeisters Rembrandt (1606-1669). Die Bonner Schau ist in zwölf Räume unterteilt, jeder thematisiert eine Wetterlage, die Schwanke jeweils mit einem filmischen Wetterbericht ergänzt hat. Zu sehen sind Werke von William Turner, Otto Modersohn und Gerhard Richter, aber auch die ersten wasserdichten Gummischuhe, ein Original-Thermometer von Daniel Fahrenheit und die Magdeburger Halbkugeln, mit denen Otto von Guericke 1663 die Wirkung von Luftdruck veranschaulichte.

Von Thomas Gemälde sind die Experten begeistert. "Wir haben ein zweites Bild von ihm, eine Sonne. Beide zeigen, wie Thoma naturalistische Phänomene hervorzaubert und psychologische Geschichten erzählt", sagt Pleiger. Sie zieht den Vergleich zu August Strindbergs Seestücken, in denen das Meer nicht für sich steht, sondern aufgewühlte Seelen symbolisiert. Thomas Bild lässt nicht kalt - es polarisiert, begeistert für ein trefflich eingefangenes Naturschauspiel oder es wirkt deprimierend düster. Damit bringt es den Sinn der Bonner Schau auf den Punkt. "Wir wollen den emotionalen Zugang. Wetter nehmen wir heute nur als Bedrohung wahr - durch Mahnungen vor drohenden Katastrophen. Was beim Klimagipfel besprochen wird, wird nicht klar vermittelt. Wir suchen den emotionalen Zugang zum Wetter."

"Stille vor dem Sturm" entstand 1906. Damals war Thoma auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Seine Landschaftbilder aus jener Zeit machten ihn zum "Lieblingsmaler des deutschen Volkes", wie ihn das Städelmuseum 2013 in seiner Thoma-Ausstellung nannt. Aufgewachsen war er in Bernau im Schwarzwald in kleinen Verhältnissen. Der Vater verdingte sich als Holzarbeiter. Thoma machte Ausbildungen zum Lithograf und zum Anstreicher, verdiente sein Geld als Uhrenschildmacher und widmete sich autodidaktisch der Malerei. Mit Erfolg: 1859 nahm ihn die Großherzogliche Kunstschule Karlsruhe auf. 40 Jahre später wurde er dort zum Professor berufen und leitete die Kunsthalle. Nach 1910 sank sein Stern. Während in der Kunst der Moderne die Motive abstrakt wurden, malte Thoma grotesk überzogene mythologische Bilder, die nicht gefielen.

In Karlsruhe ist noch die Thoma-Kapelle zu sehen, die der Künstler mit Szenen aus dem Leben Christi ausgestattet hat. Dort hat er auch ein Thoma-Museum eingerichtet. Seine Geburtsstadt hat ihm 1949 ein Museum gewidmet. Auch in Krefeld wurde er geschätzt. "Er zählt zu den Künstlern, mit denen der erste Direktor des Kaiser-Wilhelm-Museums, Friedrich Deneken, um 1900 im engen Austausch stand", sagt Sylvia Martin von den Krefelder Kunstmuseen. Sie zeigte das Gemälde im vergangenen Jahr in der Krefelder Ausstellung "Das Abenteuer unserer Sammlung II".

(RP)
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