Krefeld Krefelder Export-Industrie blickt mit Sorge auf Trumps Wahl

Krefeld · Die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein reagiert abwartend. Krefelds DGB-Chef Ralf Köpke bleibt entspannt. Bei Praktikern wie Hans W. Fechner von Siempelkamp überwiegt Argwohn.

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Foto: afp

Die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA wurde in der Konzernzentrale der Krefelder Siempelkamp-Gruppe aufmerksam und mit Sorge verfolgt. "Wir sind ein extrem exportorientiertes Unternehmen, und jedes Embargo, jeder Krieg oder jeder Wechsel in der Staatsführung kann unser Geschäft beeinflussen, ja gefährden", sagte Hans W. Fechner, Sprecher der Geschäftsführung des Konzerns, im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Firmenlenker nannte speziell Trumps im Schlagwort "buy american" vermittelte Haltung als Grund für die gewachsene Skepsis, dass sich der US-amerikanische Markt zukünftig stärker abschotten könnte. Damit dürfte er stellvertretend für die Krefelder Wirtschaftsbosse stehen.

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Foto: Andreas Bretz

Gerade erst hat Siempelkamp den größten Auftrag der Firmengeschichte für den Bau einer Holzwerkstoffanlage eines Schweizer Kunden in South Carolina erhalten. Schon im kommenden Jahr soll das 100-Millionen-Euro-Geschäft abgewickelt sein und in der Gewinn- und Verlustrechnung der Krefelder auftauchen. Wie die Zukunft aussieht, weiß derzeit niemand. Dabei verfügt gerade Siempelkamp über vielfältige Erfahrungen, sitzen zahlungskräftige Kunden doch in der Türkei und Russland. Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Wladimirowitsch Putin haben die Weltwirtschaft mit ihren politischen Alleingängen kräftig durcheinandergewirbelt. Die so genannten Verwerfungen hat Siempelkamp bislang gut überstanden. "Wir werden die 700-Millionen-Euro-Umsatzgrenze wie prognostiziert in diesem Jahr erreichen", versicherte Fechner, der derzeit geschäftlich in Brasilien unterwegs ist.

Die Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten dürften die Überlegungen bei Siempelkamp, aus dem Flächentarifvertrag auszusteigen, erneut befeuern. Mit einem Haustarifvertrag lasse sich auf "Markteinbrüche leichter reagieren", erklärte Fechner. Die Notwendigkeit, solche Überlegungen nach dem Wahlsieg Trumps voranzutreiben, bekommen nach der inneren Logik am Unternehmenssitz Krefeld nun neue Nahrung. Gleichwohl werde in Ruhe überlegt. Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, zeigte sich überrascht von Trumps Sieg bei den Präsidentschaftswahlen in den USA. "Wie viele andere Beobachter auch habe ich damit nicht gerechnet", sagte Steinmetz. "Für die Außenhandelsunternehmen am Niederrhein sind die USA ein wichtiger Partner, daher verfolgen wir die wirtschaftspolitischen Entwicklungen dort mit großem Interesse." Derzeit sei schwer abzusehen, welchen wirtschaftspolitischen Kurs Washington demnächst einschlagen wird. "Mehr Protektionismus und weniger Freihandel sind für fruchtbare Handelsbeziehungen sicherlich nicht förderlich", sagte Steinmetz. "Ich gehe aber davon aus, dass wesentliche Säulen der internationalen Zusammenarbeit von der neuen US-Regierung nicht aufs Spiel gesetzt werden." Das jüngste Außenwirtschaftsbarometer Mittlerer Niederrhein belegt den Stellenwert der Vereinigten Staaten für die hiesige Wirtschaft. Für die auslandsaktiven Industrieunternehmen in der Region Krefeld, Mönchengladbach, Rhein-Kreis Neuss und Kreis Viersen sind die USA ein bedeutender Exportmarkt und ein wichtiger Zukunftsmarkt. Rund 125 amerikanische Unternehmen haben einen Standort am Mittleren Niederrhein.

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA werde nicht kommen, meinte Ralf Köpke, DGB-Vorsitzender in Krefeld. Er lasse sich nicht von Pessimismus leiten und blicke entspannt in die Zukunft. Viele populistische Äußerungen Trumps seien als Wahlkampfgetöse einzuordnen. Davon werde sich vieles in der politischen Praxis relativieren, sagte er und erinnerte an die Zweifel nach der Wahl Ronald Reagans vor 35 Jahren.

(sti)
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