Krefeld-Hüls "Minor Cabinet" spielen im Supermarkt

Krefeld · Die Edeka-Filiale in Krefeld-Hüls wurde am Samstag für eine halbe Stunde zum Konzertsaal: Die Newcomer-Band Minor Cabinet, die zu den großen Hoffnungen der Krefelder Musikszene gehört, spielte dort 30 Minuten live.

Live-Musik im Supermarkt? Das geht nicht nur zur Neueröffnung. In Hüls erlebten die Kunden von Edeka am Samstag eine Überraschung. In einer Zeit, in der auch im Musik-Business alles im Umbruch ist, haben sich die fünf jungen Männer der Band "Minor Cabinet" Gedanken über ihr Marketing gemacht, und ihr Gründer Julian Jasny kam schon vor gut einem Jahr auf die ausgefallene Idee, ein Konzert im Supermarkt seines Vertrauens zu geben: "Warum soll man immer erwarten, dass die Leute zu einem kommen, wenn man irgendwo auftritt? Warum tritt man nicht einfach mal da auf, wo die Leute sowieso hingehen? Ich kaufe sehr gern hier bei Edeka in meiner Hülser Nachbarschaft ein, also lag es nahe, es auch mit dem Auftritt hier zu versuchen."

Er erzählte dem Marktinhaber Heiner Kempken davon, und für den hatte die Idee ihren ganz eigenen Reiz. "Dieser Edeka-Markt", so berichtete er stolz, "wurde im vergangenen Jahr unter circa 800 Mitbewerbern bundesweit zum besten nicht von einer Konzernzentrale, sondern individuell geführten Supermarkt seiner Größenordnung gekürt. Sowas verpflichtet dann auch." Gern erklärte er sich einverstanden, und am Samstagnachmittag war es dann soweit.

Krefeld: Band "Minor Cabinet" spielt in Supermarkt
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"Minor Cabinet" spielen in Krefelder Supermarkt

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Musik zwischen Chips-Regal und Wurst-Theke

Clemens Bombien ließ ein sehnsüchtig schmachtendes Gitarren-Intro aufsteigen, und sogleich spürte man, wie sich die Atmosphäre im Markt verwandelte. Nach und nach stiegen Ex-Fog-Jogger Christian Peitz an den Keyboards, Paul Krobbach am Bass und Drummer Roman Dönicke ein. Und dann erhob Julian Jasny seine Stimme, und von der Zeile "you're my friend" fühlte sich nicht nur der kleine Fan-Club angesprochen, der den Beginn der Show schon ungeduldig erwartet hatte. Es dauerte kaum zwei Titel, und die Menschentraube war soweit angeschwollen, dass der Zugang zum großen Chips-Regal nahe der Wurst- und Käsetheke vorrübergehend vollständig blockiert war. "Das sind jetzt locker 150 Leute", überschlug Markt-Chef Kempken schmunzeld, der den Auftritt seinerseits zwar mit wachen Seitenblicken in seine Kundschaft, aber auch mit Vergnügen verfolgte. Und zur Sorge entstand gar kein Anlass. Manch ein Einkaufswagen wurde irgendwo geparkt, und die Kunden stellten sich zwischen den Stellagen an und lauschten der Musik.

Eine Indie-Blues-Rock-Band

Bei Kris Pohlmanns Blackpenny Records in Düsseldorf, wo "Minor Cabinet" jüngst ihr Debüt-Album "Black Ink On White Sheets" veröffentlichte, charakterisiert man die aus Krefeld, Kempen und Bochum stammenden Musiker als Indie-Blues-Rock-Band. Blues fand sich in der Song-Auswahl am Samstag allerdings nur in dem melancholischen Zug einiger Texte, zum Beispiel, wenn Jasny fast verzweifelt in Mikro röhrte: "I'm addicted to you". Im Übrigen erinnerten die stets melodiös und balladesk gehaltenen Titel eher an frühe Aufnahmen der Bands, die damals auf dem Weg waren, den Hard-Rock zu erfinden. Diese Brücke schlug bei "Minor Cabinet" vor allem Roman Dönicke mit seinem kernigen Anschlag, und der saß übrigens an einem echten Krefelder Kirchhoff-Schlagzeug.

Zu laut wurde es trotzdem nur einem einzigen Gast, einem Kleinkind, das von seiner Mama auf dem Arm in Sicherheit gebracht wurde, während der Papa vor Ort weiter im Takt mitwippte. Und es ging ja auch ganz leise, zur akustischen Gitarre mit teilweise mehrstimmigem Gesang im West Coast Feeling, und auch das kam prima an. Es wurde sogar mitgesungen. "Sind die hier aus Hüls?", fragte eine junge Dame. "Ich wusste gar nicht, dass wir so'ne tolle Band hier haben." "Das ist doch mal was: Rock-Musik live statt Musik vom Band, und das am Samstagnachmittag, wenn man auch die Zeit hat, mal zu verweilen und zuzuhören", freute sich ein Endfünfziger. Zum krönenden Abschluss des gut 30 Minuten dauernden Sets spielten die fünf ihre früheste Eigenkomposition mit dem Titel "Secret" — sehr schwungvoll mit schönen Grüßen auf den Gitarren von den "Sultans Of Swing", auch als "Dire Straits" bekannt, und Bob Dylans "Watchtower".

Die fünfköpfige Band "Minor Cabinet" ist die vielleicht interessanteste junge Formation in Krefeld. 2012 gegründet, bezeichnet sie sich als Indie-Blues-Rock-Band. 2015 veröffentlichte sie ihr vielbeachtetes Album "Black ink on white sheets", das im September 2015 bei zwei - ausverkauften Konzerten in der Kufa vorgestellt wurde.

(mojo)
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