Krefeld Krankenschwester im Einsatz für den Notfallpatienten saubere Luft

Krefeld · Technokraten können die Krefelderin Angelika Horster auf die Palme bringen. Als Krankenschwester in der Onkologie hat sie die Folgen von Umweltbelastungen auf die Gesundheit der Menschen ganz direkt erlebt. Von in Labors ermittelten Grenzwerten hält sie nicht viel. Und so hat sie sich schon vor Jahren in Themen wie Luftreinhaltung und Emissionsvorschriften reingefuchst.

 Angelika Horster aus der Kreisgruppe Krefeld des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) versteht die Zufriedenheit einiger Politiker über die Qualität der Luft in Krefeld nicht.

Angelika Horster aus der Kreisgruppe Krefeld des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) versteht die Zufriedenheit einiger Politiker über die Qualität der Luft in Krefeld nicht.

Foto: nos

Seit fast zehn Jahren kommen Angelika Horster und ihr Mann ohne Auto aus. Der Verzicht ist eine ganz bewusste Entscheidung zugunsten der Umwelt. Dennoch ist die frühere Krankenschwester keine Ideologin. Ihre Kinder nutzen Kraftfahrzeuge, können auf ihren fahrbaren Untersatz in ihrer Lebenswirklichkeit nicht verzichten. Nicht überall verkehren Bus und Bahn in einer Taktung, die den Ansprüchen der Menschen genügen könnte.

Ihr Einsatz für Natur und Umwelt und damit für natürliche Lebensgrundlagen wie Boden, Luft und Wasser haben auch mit ihren Erfahrungen im beruflichen Alltag als Krankenschwester zu tun. In der Onkologie hat sie schmerzhaft beobachten müssen, wie Individuen auf Umweltgifte reagieren. Aus diesem Grund betrachtet sie die in Labors ermittelten und von Lobbyisten beeinflussten Grenzwerte für Schadstoffe skeptisch. Angelika Horster bezeichnet die Urheber als Technokraten. Vor diesem Hintergrund engagiert sie sich beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in der Kreisgruppe Krefeld. Schon lange. Inzwischen hat sie sich tief in die Materie von Vorschriften, Gesetzen und Genehmigungsverfahren eingearbeitet. Und das so verlässlich, dass der BUND ihr das Verfassen von Stellungnahmen in Beteiligungsverfahren etwa zum Bau einer Sondermüll-Hochtemperaturverbrennungsanlage im Krefelder Hafen anvertraut. Letztlich blieb es seinerzeit bei der Planung.

Akut hingegen ist die Diskussion über Dieselmotore, Fahrverbote und Luftreinhaltung. Dass die Stadt Krefeld dabei auf einer Insel der Glückseligen liegen soll, sei eine Selbsttäuschung, sagt Angelika Horster. Im Stadtgebiet fehle es an Messstellen, um qualitativ verlässliche Aussagen zu machen. Stickoxide würde nur an einer Stelle im Hafen kontinuierlich gemessen. Zwei weitere am Oranierring und an der Kölner Straße seien so genannte Passivsammler. Dort würden in regelmäßigen Abständen Filter herausgenommen und analysiert. "Die Ergebnisse werden einmal im Jahr mit einem Mittelwert aus zwölf Monatswerten der EU-Kommission gemeldet", berichtet Angelika Horster. Über Spitzenwerte und Entwicklungen sagen diese gemeldeten Angaben, die im Internet nicht nachlesbar seien, nichts.

Nicht besser sieht die Überwachungslage in Krefeld für Feinstaub aus. Eine stündliche Messung finde an einem völlig ungeeigneten Ort inmitten eines Wohngebiets in Linn statt. Eine zweite im Hafen. Dort allerdings sei die Komplettüberwachung der Feinstäube einer Stichprobenmessung gewichen. Die Ergebnisse würden am Ende des Jahres über Jahr und Tag gemittelt. "Aus dieser minimalen Luftschadstoffüberwachung lässt sich keine generelle Verbesserung der Luftqualität in Krefeld ableiten, und erst recht kein Freibrief für weitere, zusätzliche Emissionsquellen wie neue Betriebe (vor allem der Logistik und Lagerung), Betriebserweiterungen und Wohnbaugebiete wie in Fischeln mit luftbelastendem Verkehrsaufkommen", erklärte Angelika Horster.

Die Konzentration der Diskussion auf Diesel-Motore leuchtet ihr nicht ein. Unabhängig von der Art des Antriebs würden alle Autos durch Reifen-, Kupplungs- und Bremsabrieb Feinstäube verursachen. "Die Belastung der Luft kann auch durch Fahrverbote in Innenstädten nicht weniger werden. Die Fahrleistungen steigen bei mehr Verkehr (Neuzulassungen und Bestand). Sie ist da, steigt und verlagert sich nur. Hinzu kämen zunehmender Güterverkehr und die Abfallverbrennung. "Das zu ignorieren hieße, den Kopf in den Sand zu stecken", sagt sie. Mittlerweile gebe es Privatinitiativen, die eigene Messungen über Luftverschmutzung durchführen. Ausgangspunkt ist Stuttgart. Auch in Krefeld hat das Vorbild bereits Anklang gefunden. "In Fischeln, Oppum und Bockum gibt es Messstellen", berichtet Angelika Horster. Im Internet werden die Ergebnisse unter www.luftdaten.info zusammengeführt. Der BUND möchte Kontakte sammeln und eine Arbeitsgruppe gründen. Er beteiligt sich außerdem an der von der EU geförderten Initiative www.hackair.eu.

(sti)
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