Wutrede von Grünen-Ratfrau in Krefeld "Kommunalbetrieb wird zum Selbstbedienungsladen"

Krefeld · Der Verwaltungsrat der Anstalt öffentlichen Rechts soll die Höhe seiner Sitzungsgelder selbst festlegen. "Ob er dabei um zwei, 20 oder 200 Euro nach oben geht, bleibt ihm selbst überlassen", sagt Grünen-Ratsfrau Anja Cäsar.

 Ratsfrau Anja Cäsar (Die Grünen) war auf Facebook unterwegs.

Ratsfrau Anja Cäsar (Die Grünen) war auf Facebook unterwegs.

Foto: DG

Anja Cäsar spricht Klartext. Die Ratsfrau der Grünen hat sich gut ein Jahr lang mit der Gründung eines neuen Kommunalbetriebs als Anstalt des öffentlichen Rechts beschäftigt. Diese neue Einheit der Stadtverwaltung mit rund 450 Beschäftigten soll schneller, effizienter und wirtschaftlicher arbeiten als die bekannten Strukturen. Doch Anja Cäsar fehlt der Glaube. Facebook nutzt sie für ihre Generalabrechnung. Und damit steht sie nicht alleine. Wie Heidi Matthias, Vorsitzende der Ratsfraktion Die Grünen, gestern im Gespräch mit unserer Redaktion betonte, sei Cäsars Ablehnung der Satzung für den Kommunalbetrieb Mehrheitsmeinung bei den Grünen.

Anja Cäsars Kritik ist massiv. Ihr Fazit: "Bodensatz nach anderthalb Jahren Diskussion um die Anstalt öffentlichen Rechts und ihre Satzung: mehr Geld für den Verwaltungsrat! Meine Güte ist das enttäuschend." Alle ihre Anträge wurden abgelehnt. Die Grünen wollten einen beratenden Beirat für den Kommunalbetrieb aus Beschäftigtenvertretern und beratende Mitglieder aus Fraktionen und Gruppen, die keine stimmberechtigten Vertreter im Verwaltungsrat haben.

Die Satzung sollte die Möglichkeit eröffnen, auch sachkundige vereidigte Bürger in den Verwaltungsrat aufzunehmen. Schlussendlich forderte Anja Cäsar, dass der Stadtrat das letzte Wort bei der Festsetzung des Wirtschaftsplans, des Jahresabschlusses, des Stellenplans und der Mittelverwendung sowie der Besetzung des Vorstands des Kommunalbetriebs haben sollte.

"Wir haben das gefordert, weil diese Bestandteile in anderen Anstalten öffentlichen Rechts alter und neuer Machart für ein größeres Maß an Transparenz und Mitbestimmung sorgen, die angesichts der nicht-öffentlichen Sitzungen und des Umfangs (auch finanziell) der Entscheidungen dringend notwendig sind", schreibt die Ratsfrau. Leider hätten SPD und CDU die Anträge der Grünen geschlossen abgelehnt und von sich aus kleinere Änderungen an der Satzung angekündigt. Nun sei die neue Satzungsvorlage für den heute tagenden Rat da.

"Und was ist die einzige signifikante Änderung zum Entwurf aus dem November, die die großen Parteien eingebracht haben? Na? Der Verwaltungsrat bekommt jetzt nicht mehr die normalen Sitzungsentgelte, die für Stadtrat und Co gelten, sondern darf sich an vergleichbaren Gesellschaften orientieren und die Höhe seiner Aufwandsentschädigung selbst festlegen. Ob sie dabei um zwei Euro, 20 Euro oder 200 Euro nach oben gehen, bleibt dem Verwaltungsrat selbst überlassen", berichtet Anja Cäsar.

Vorbei sei das ganze Gerede um Einsparungen und Wirtschaftlichkeit, für die die Anstalt öffentlichen Rechts stehen sollte. Hauptsache, die Öffentlichkeit bleibe zum großen Teil außen vor und die Verwaltungsratsmitglieder dürften sich ihre Entschädigung selbst festlegen. Da sehe man die Prioritäten. Unverschämter gehe es nicht mehr. Und da wundere sich noch jemand über Politikverdrossenheit, schreibt die Ratsfrau in ihrer "Wutrede".

Distanzierter sieht Fraktionskollegin Heidi Matthias die Dinge. "Ich bin enttäuscht, dass alle unsere Anträge abgelehnt wurden, denke aber, man sollte abwarten und dem Kommunalbetrieb eine Chance geben."

(sti)
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