Krefeld Köstlicher Wild-Brokkoli aus dem Hülser Bruch

Krefeld · Wildkräuter sammeln und anschließend zu einem leckeren Menü verarbeiten: Das ist eines der Angebote von Gabriele Heckmanns im Krefelder Umweltzentrum. Wir haben uns einer Wanderung angeschlossen und beim anschließenden Kochen zugeschaut und probiert.

 Der Wildkräuterquark ist bereits verspeist, als sich die Teilnehmerinnen im Sälchen des Umweltzentrums das Brennnesselsüppchen schmecken lassen. Links vorn die Leiterin der Wildkräuterwanderungen, Gabriele Heckmanns.

Der Wildkräuterquark ist bereits verspeist, als sich die Teilnehmerinnen im Sälchen des Umweltzentrums das Brennnesselsüppchen schmecken lassen. Links vorn die Leiterin der Wildkräuterwanderungen, Gabriele Heckmanns.

Foto: Thomas Lammertz

Hätten Sie gedacht, dass das Delikatess-Gemüse der Römer bis heute auch im Hülser Bruch zu finden ist? Oder dass die frischen Knospen des Wiesenbärenklaus nicht nur aussehen wie Mini-Brokkoli, sondern auch so schmecken? Und dass Klettenlabkraut, wenn man es presst, eine Flüssigkeit abgibt, mit der der Wanderer seinen Durst löschen und gleichzeitig auch die Lymphe reinigen kannt? - Dies und vieles mehr lernen und erleben die Teilnehmer bei "Wildkräuterwanderungen mit Menüzubereitung", die Gabriele Heckmanns für den Verein der Förderer des Krefelder Umweltzenrums am Talring anbietet.

Zwölf Frauen haben sich pünktlich um 11 Uhr in dem Sälchen des Umweltzentrums eingefunden, um dieses Angebot unter der Leitung der studierten Landschaftspflegerin wahrzunehmen, die dort bei der Biologischen Station Wesel/Außenstelle Krefeld beschäftigt ist. "Wildkräuter haben mehr Mineralstoffe und Vitamine als gezüchtete Gemüse", klärt Gabriele Heckmanns auf. Bevor sie den Frauen ein Körbchen in die Hand drückt und mit ihnen zum Sammeln losmarschiert, verkündet sie, was am Nachmittag gekocht werden soll: Wildkräuterquark; eine Brennnesselsuppe; Spaghetti mit einem Pesto aus dem besagten Römergemüse, dem Giersch; ein Auflauf aus Taubnesseln, die eingangs erwähnten Mini-Brokkoli sowie ein mit Holunderblüten aromatisierter Pudding.

"Riechen Sie mal", hält sie nach wenigen Metern einer Teilnehmerin ein grünes Kräutlein unter die Nase. "Knoblauch, Bärlauch" lautet die Antwort. "Nein", berichtigt Heckmanns, "das ist Knoblauchrauke, deren jüngere Blättchen roh verarbeitet werden, Magen und Darm reinigen und sehr sanft dosiert werden sollten". Grundsätzlich, so erklärt die Kräuterfrau weiter, müsse bei den Wildkräutern nämlich zwischen Gewürzen und Gemüsen unterschieden werden.

 So sieht die Blütenknospe des Wiesenbärenklaus aus, die wie ein Mini-Brokkoli aussieht und auch so schmeckt (Rezept siehe unten).

So sieht die Blütenknospe des Wiesenbärenklaus aus, die wie ein Mini-Brokkoli aussieht und auch so schmeckt (Rezept siehe unten).

Foto: Lammertz Thomas

Immer wieder weiß Heckmanns Geschichten und Geschichtliches über die verschiedenen Kräuter zu berichten. "In ganz alten Büchern steht über den Wiesenbärenklau beispielsweise, er sei ,gut zu ehelich werken'", berichtet sie über das Doldengewächs, dessen Namensgeber, der Bär, früher auch als Fruchtbarkeitstier gegolten habe. Und über den Gundermann vermittelt sie: "Dieses Kraut kann man zerreiben und bei Schnupfen in die Nase stecken. In früheren Jahrhunderten haben ihn die Maler genutzt, weil es Schwermetall, das damals in vielen Farben vorkam, aus dem Körper leitet."

Vor einem Schild an der Ecke Talring und Boomdyk bleibt die Gruppe stehen: "Wie Sie hier lesen können, befinden wir uns in einem Naturschutzgebiet, aus dem nichts entnommen werden darf. Ich habe für die Kräuterwanderungen eine Ausnahmegenehmigung." Mit anderen Worten: Wer ohne Gabriele Heckmanns Kräuter sammeln will, darf das nicht. "Entweder Sie kennen eine gute Stelle außerhalb eines Naturschutzgebiets oder sie züchten die Kräuter in ihrem Garten", rät sie den Teilnehmerinnen und schärft ihnen gleichzeitig ein, nie an Äckern, nicht direkt am Wegesrand, nicht an Trampelpfaden von Tieren oder an Baumstümpfen zu sammeln. Dennoch bleibe hinsichtlich des Hunde- und des Fuchsbandwurms ein Risiko, "wenn auch ein sehr kleines. Jeder sammelt in eigener Entscheidung".

Drei Stunden nach dem Abmarsch sind die Frauen wieder zurück im Umweltzentrum. Sehr zu ihrer Erleichterung hatte Gabriele Heckmanns ihnen noch erklärt: "Hier wächst alles, was Sie brauchen. Es reicht aber, zehn Pflanzen zu kennen. Damit kommen Sie durchs Leben."

In dem Sälchen am Talring, das mit seinen Tischen und Stühlen gerade für die Gruppe ausreichend groß ist, stehen auch ein Vier-Flammen-Gasherd und ein Zwei-Platten-Elektrokocher. Auf Letzterem dünstet jetzt der Giersch - wie bei der Spinatzubereitung - in gehackten Zwiebeln mit Butter und Knoblauch, dem dann löffelweise Schmand und etwas Schmelzkäse hinzugegeben werden. Es duftet umwerfend gut.

Während andere Frauen mit der Brennnesselsuppe und der Holundermilch für den Pudding beschäftigt sind, backt im Ofen der Taubnessel-Auflauf. Andere Teilnehmerinnen sind mit Waschen, Zupfen, Schneiden und Käsereiben beschäftigt; wieder andere decken den Tisch ein oder spülen schon die ersten, nicht mehr gebrauchten Haushaltsgeräte. Ach ja: Der Mini-Brokkoli ist schon aufgegessen. Eine der Frauen klärt auf: "Davon haben wir so wenig gefunden, dass es nur für einen Löffel für jede von uns gereicht hat."

(RP)
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