Krefeld Knebel-Prozess: Trotz Fingerabdrucks freigesprochen

Krefeld · Mehr als drei Jahre nach dem Überfall auf eine 90-jährige Frau in ihrem Haus in Forstwald ist jetzt auch der zweite Tatverdächtige freigesprochen worden. Im Revisionsverfahren vor dem Landgericht beantragte gestern selbst die Staatsanwaltschaft einen Freispruch. Es war ein warmer Sommerabend, an dem die Rentnerin bei geöffneter Türe vor dem Fernsehgerät saß. Plötzlich standen zwei unbekannte Männer hinter ihr. Sie fesselten und knebelten die Seniorin mit Klebeband und drohten: "Wehe, du machst den Mund auf." Beim Durchwühlen der Schränke fanden sie 7000 Euro, die die Frau kurz zuvor bei der Bank abgehoben hatte, um Reparaturen an der Heizung zu bezahlen. Als die Polizei eintraf, waren die Täter schon mit dem Geld verschwunden.

An einigen Stellen des Klebebandes, das die Männer an Handgelenken, Augen und Mund der Rentnerin befestigt hatten, fand man Spuren des heute 48-Jährigen und seines Stiefsohns. Der Ältere war wegen der Tat unter Einbeziehung einer Vorstrafe im vergangenen Jahr vor dem Landgericht zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Im Revisionsverfahren kam eine andere Strafkammer zu dem Schluss, dass der Mann freizusprechen sei, obwohl seine Fingerabdrücke an dem Klebeband eindeutig waren. Nach dem Gutachten eines Sachverständigen blieben Zweifel. Es sei nicht festzustellen, wann und wie die Spuren an das Klebeband gelangten. So hätte der Mann beispielsweise weit vor der Tat das Klebeband angefasst haben können. Auch das Alibi des Angeklagten - er gab an, zur Tatzeit in Serbien gewesen zu sein - ließ sich nach Ansicht des Gerichts nicht widerlegen. Der Stiefsohn war in erster Instanz wegen der Tat verurteilt und im Berufungsverfahren ebenfalls freigesprochen worden.

(RP)
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