Krefeld Hinreißende Hymnen von Hildegard von Bingen

Krefeld · Eine ganze Weile warten musste der Schönhausen-Chor, ehe er in seinem eigenen Konzert, dem "6. Sommerkonzert am Fluss" in St. Matthias Hohenbudberg, in Aktion treten durfte, denn Dirigent Joachim Neugart hatte einen extra wirkungsvollen Aufbau erdacht.

 Gut gefüllt war die Kirche St. Matthias Hohenbudberg beim ausgesprochen gelungenen Konzert des Schönhausen-Chores.

Gut gefüllt war die Kirche St. Matthias Hohenbudberg beim ausgesprochen gelungenen Konzert des Schönhausen-Chores.

Foto: Mark Mocnik

Drei Hymnen aus der Feder von Hildegard von Bingen erklangen zu Beginn, von Elisa Rabanus ganz unbegleitet vorgetragen. Obwohl sie einerseits den strengen Duktus der mittelalterlichen Musizierweise traf, legte sie mit ihrem herausragenden Sopran und ihrer künstlerischen Persönlichkeit eine deutlich spürbare Spannung in die Gesänge, die vom freudigen Schwingen einer glaubensfrohen Seele kündete. Mit ihrem Vortrag (sie sang noch zwei weitere Blöcke dieser Art) war das Ziel des Abends, dem Publikum die "Versenkung in etwas Größeres, Überpersönliches, Umfassendes zu ermöglichen" bereits erreicht, und Rabanus erntete einen Riesenbeifall ganz für sich allein. Dann war die Reihe am Neusser Kammerorchester. Das Opus "Company" des 1937 geborenen Philip Glass wurde vom rhythmischen Spiel der Tieftöner getrieben, über dem sich ein eher minimalistisches melodisches Geschehen entspann - in der Anlage zwar simpel, in der Durchführung aber ausgesprochen effektvoll.

Nach 20 Minuten Geduld durfte endlich der Schönhausen-Chor einsteigen mit dem "Evening Song" des Zeitgenossen Bob Chilcott. In jeder Hinsicht ausgereift und ausgewogen, dabei farbstark und dynamisch präsentierte sich der Chor in der gewohnten Klasse und legte mit John Taveners "Funeral Ikos" ein Glanzstück hin. Die auf gregorianischen und russisch-orthodoxen Traditionen fußende Komposition ist sechsstimmig angelegt, zugleich aber weitgehend unisono geführt, und Neugart und die Seinen verstanden es, die ganze suggestive Kraft, die das abschnittweise wiederkehrende "Alleluia" aus diesem Kunstgriff ziehen konnte, zu entfalten.

Zuvor hatte das Neusser Kammerorchester mit Arvo Pärts "Fratres" brilliert, das in der faszinierenden Düsternis (auf dem Bass erzeugten) dumpfen Trommelschlags an eine Büßer-Prozession aus Pest-Zeiten erinnerte.

Die Krönung setzten Orchester und Schönhausen-Chor dem Abend mit Morten Lauridsens genialem "Lux aeterna" gemeinsam auf. Hier gelang das musikalische Entschweben in das jenseitige "ewige Licht" in zutiefst anrührender Weise.

Das Publikum in St. Matthias war ganz hingerissen, es spendete stehend Beifall und erhielt noch eine kleine Zugabe.

(RP)
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