Krefeld Gut Schirmau: Emmy von der Leyen und die enterbte Verwandtschaft

Krefeld · Max und Emmy von der Leyen waren kinderlos. Das Verhältnis zur Verwandtschaft war unterkühlt. Deshalb vererbte die 94-Jährige ihren Besitz 1977 der Stadt Krefeld: eine Villa in Bad Godesberg, ein Landgut in der Eifel, 200 Hektar Wald, einen Oldtimer und ein Aktienpaket. In Krefeld waren die Meinungen seinerzeit geteilt, ob die Stadt dieses mit Verpflichtungen verknüpfte Erbe antreten sollte.

Krefeld erbte Gut Schirmau von Max und Emmy von der Leyen
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Wie Krefeld das Gut Schirmau in der Eifel erbte

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Das Waldgut Schirmau war nicht viel mehr als eine Bauruine, als es vor Jahrzehnten in den Besitz der Stadt Krefeld überging. Die Fenster waren eingeschlagen, Türen eingetreten, es gab Löcher in der Decke, und der Hausbock hatte das komplette Fachwerk zerstört. Es gab einen riesigen Renovierungsbedarf. Unterm Strich blieben Kosten von mehreren Millionen D-Mark, um das große Gut als Erholungsort für Krefelder Senioren und als Tagungsstätte herzurichten.

Vor genau 30 Jahren wurde das Haus mit einer Feier und unter Beteiligung von Hunderten Krefeldern, die in Bussen und Autos angereist waren, eröffnet. Seitdem haben gut 5000 ältere Menschen zu finanziell günstigen Bedingungen dort zwei- bis dreiwöchigen Urlaub machen können. Am Samstag, 24. September, beginnt dort gegen 11.30 Uhr ein Tag der offenen Tür mit einem bunten Programm.

Renate Wilke-Valkyser kennt die Geschichte des Gutes Schirmau seit rund 40 Jahren. Sie war dabei, als der damalige Kulturdezernent Kurt Honnen kurzerhand in die Eifel fuhr, um das Erbe in Augenschein zu nehmen. "Wir haben uns Zutritt durch den Schweinestall verschafft", berichtet Renate Wilke-Vakyser, die spannende Geschichten über die wohlhabende Krefelder Familie Max und Emmy von der Leyen und das Gut in der Eifel zu erzählen weiß. So soll Max von der Leyen beim Versuch, ein Fundament für eine Garage zu graben, Überbleibsel einer römischen Villa Rustica freigelegt haben. Ein befreundeter Arzt habe bei einem Besuch die Funde direkt als solche identifiziert und einige zur Dekoration in sein Haus mitgenommen. Nach dessen Tod habe der Sohn die Sachen ins Gut Schirmau zurückgebracht, erzählt Renate Wilke-Valkyser. Die seien dann zum Landeskonservator nach Mainz geschickt worden. Der habe die Echtheit und die Provenienz bestätigt. "Ich würde mir eine Stichgrabung wünschen, um größere Sicherheit über die lange Besiedlungsgeschichte an dieser Stelle zu bekommen", sagt sie. Touristisch würde eine verbürgte römische Vergangenheit dem Gut Schirmau sicherlich Aufschwung verleihen.

Schon heute ist das Wirtshaus in der sanierten früheren Remise ein Anlaufpunkt für Wanderer von zwei weitläufigen Touren - dem Vulkan-Wanderweg und der Historischen Straße -, die zu interessanten Zielen führen, zu Seen, Steinbrüchen, Quellen, Maaren und Kratern. Der Weg von und zu Gut Schirmau sei im Übrigen älter als eine Römerstraße, erzählt Renate Wilke-Valkyser.

Alle Anfänge waren schwer. Die Politik war in ihrer Meinung in den 1970-er Jahren zweigeteilt, ob das Erbe angenommen werden soll. In der Bevölkerung hingegen waren die Zweifler und Skeptiker in der Minderzahl. Für die Menschen war klar, dass die Immobilie in der Eifel und die Familiengeschichte der Seidenbarone von der Leyen gehegt und gepflegt werden sollte, weil sie unmittelbar für den Aufstieg Krefelds zur Großstadt und zu bedeutendem Wohlstand steht.

Nach dem Verkauf der Villa in Bad Godesberg, des Oldtimers, der RWE-Aktien an die Stadtwerke und zahlreicher Raritäten an diverse Museen, verfügte die Kommune über etwa 1,7 Millionen Mark für die Renovierung. Der Gesamtaufwand von 3,6 Millionen Mark reduzierte sich damit erheblich. Heute schließt Gut Schirmau seine Geschäftsjahre mit einer "schwarzen Null".

Info Rufnummer 02151 863120.

(sti)
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