Krefeld Guildo Horn: Der Meister begeistert behinderte Fans

Krefeld · Geschickt bewegte sich der Junge in seinem Rollstuhl durch das Gedränge, das dem Saal der Kulturfabrik (Kufa) zustrebte. Als er das von sich wild bewegenden Scheinwerferkegeln und überlauten Rhythmen durchsetzte Dunkel des Saales erreichte, stieß er einen begeisterten Jauchzer aus. Auf der vierten "Party ohne Grenzen", die die Ulrich-Lange-Stiftung und andere im Behindertenbereich arbeitende Träger organisieren, ist der Rollstuhl keine Spaßbremse. Für Kufa-Vorstandsmitglied Wolfgang Renno hat die Kufa-Party eine besondere Funktion: "Abseits großer Inklusionsreden macht die Party mit Tanzen, Feiern und Flirten bis in den frühen Morgen einen entspannten Umgang von Nichtbehinderten und Behinderten fast wie von selbst möglich." Zehn Künstler hatten die Organisatoren um Unterstützung gebeten, nur zwei antworteten, unter diesen Guildo Horn, der sofort zusagte.

 In voller Action: Guildo Horn und sein Gitarrist, den er "Strohhalm" nennt.

In voller Action: Guildo Horn und sein Gitarrist, den er "Strohhalm" nennt.

Foto: Thomas Lammertz

Seit einem Jahr gibt es den KFC-Fanclub "All Inklusive", in dem Menschen mit und ohne Behinderung ihre Begeisterung für Fußball leben. In Anwesenheit von KFC-Präsident Agissilaos Lakis und Gleumes-Geschäftsführer Toni Arabatzis nahm der Fan-Club Guildo Horn als 16. Mitglied auf. Bei dieser abseits der Bühne stattfindenden kleinen Zeremonie zeigte sich der "Meister", wie Horn-Fans den Sänger nennen, als zugänglich, uneitel, freundlich und schlagfertig.

Horns Mutter fuhr damals für die Lebenshilfe. Dies brachte den Künstler schon früh mit behinderten Menschen zusammen, für die er auch als Musiktherapeut gearbeitet hat. Horns Auftritte sind alles andere als langweilig. Mit seiner wuchtigen Figur, dem zotteligen Kranz langer Haare, die unter einer Schiebermütze hervorquellen, der Sonnenbrille und dem grünen Anzug mit der bunten Krawatte ist er nicht unbedingt ein Frauentyp. Seine Lieder sind die Schlager der frühen Siebziger, deren süßlich-verlogene Texte der Sänger herausbrüllt. Begleitet wird Horn von den "Orthopädischen Strümpfe", seiner vierköpfigen Begleitband, durch beschleunigte rhythmische Akzentuierung. Der Sänger wechselt mit akrobatischer Gestik ständig seinen Standort, taucht auch mal mitten unter dem Publikum auf und hält mit diesem einen ständigen Dialog aufrecht. Er verwischt die Grenzen zwischen Parodie und Nicht-Parodie von Schlagern. Seine Botschaft ist: Wir wollen Schlager hören. Damit wirkt er authentisch und relativierend zugleich. Bei seiner Anhängerschaft kommt das an. Zum Abschluss führte Horn ein behindertes Mädchen auf die Bühne und gestaltet mit ihm ein Schlagzeugsolo.

(oes)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort