Krefeld Grundschulkinder suchen die Gespenster in der Burg

Krefeld · In den altehrwürdigen Gemäuern zu Linn spukt es. Das weiß doch jedes Kind. Wer einmal die Linner Burg besucht hat, hat sie vielleicht schon gesehen, die seltsamen Lichter in den oberen Räumen oder das gespenstische Stöhnen tief im Bergfried, dem Turm der mittelalterlichen Burg. Da Kinder die Gespenster am besten kennen, gehen sie an diesem Samstagabend auf die Jagd und versuchen, die unruhigen Geister zu finden und zu erlösen. 40 Kinder trauen sich trotz der Dunkelheit über die Brücke in den Innenhof. Ihre Eltern müssen draußen bleiben. Und gehen Glühwein trinken auf dem Weihnachtsmarkt..

 Die Geister der Burg: Links zu sehen ist das Edelfräulein Anna, das der böse Graf (rechts) heiraten möchte.

Die Geister der Burg: Links zu sehen ist das Edelfräulein Anna, das der böse Graf (rechts) heiraten möchte.

Foto: T. Lammertz

Die Idee zu einer Gespensterführung hatte Familie Niebergall, allen voran Tochter Alanna. Inspiriert durch den Arbeitsplatz ihrer Mutter, der Museums-Leiterin Jennifer Morscheiser-Niebergall, ersann Alanna mit Vater Axel eine Geschichte um den Edelherren Otto zu Lynn, der die Burg im 13. Jahrhundert erbaut hatte. Kurzerhand bekam der Burggraf eine Tochter, Anna. Und einen bösen Grafen gibt es auch, der unbedingt Anna heiraten möchte. Schnell entstand am Familientisch eine kindertaugliche Grusel-Geschichte. Bei Kaffee und Kuchen erzählten die Niebergalls Inge Reuter von der Idee. "Ich war sofort begeistert und bin seitdem die Führerin der Kinder", sagt die ehrenamtliche Helferin.

Vor einem Jahr starteten die Hobby-Gespenster mit der Geschichte um die Erlösung von Graf Otto und seiner Tochter Anna. "Meine Tochter spielt Anna. Damals passte sie noch in ihr Kommunionkleid. Jetzt geht das gar nicht mehr. Deswegen trägt sie in diesem Jahr ihre Chor-Kutte, die gut zu einem Engel passt", erzählt Jennifer Morscheiser.

Da viele Kinder bereits bei der ersten Führung dabei waren, beginnt Inge Reuter diesen Abend mit den Worten: "In der Burg gibt es keine Gespenster mehr. Das wisst ihr ja." Die jungen Geisterjäger, ausgerüstet mit Taschenlampen, blicken trotzdem Richtung Bergfried. Sie trauen dem Frieden nicht. Über die Treppe geht's im Gänsemarsch zum ehemaligen Verlies. Wer weiß, wie es heute dort unten aussieht? Die Kinder leuchten in das dunkle Loch. Doch nun heißt es: alle Taschenlampen aus. Gespenster mögen keine Lichter.

Die aufgeregten Kinder, alle im Grundschulalter, rücken enger zusammen. Und dann kommt er. Der böse Graf. Langsam steigt er die Treppe vom Turm hinunter, in der Hand eine kleine Leuchte. Die Kinder piepsen erschrocken, jemand weint. Die meisten aber betrachten fasziniert den als Grafen verkleideten Schauspieler Dirk Senger, der mit unheilvoller Stimme die Heirat mit der Grafentochter Anna fordert. Die Kinder sollen ihm helfen, Anna aus dem Himmel zurück auf die Erde zu holen. Damit sie auch gewiss mitspielen, entführt er kurzerhand einen Sechsjährigen, den die Gruppe erst zurückbekommt, wenn Anna wieder da ist. Der Kleine weiß natürlich Bescheid und wehrt sich entsprechend wenig. Die jungen Geisterjäger beeindruckt die Entführung dennoch. "Ihm wird nichts passieren", beruhigt Führerin Reuter.

Zurück in der Burg suchen die Kinder eine Kräuterfrau, gespielt von Susanne Topp, die ihnen was gibt? Kräuter natürlich. Die müssen die Gespensterjäger im Feuer verbrennen und dazu laut drei lateinische Worte sprechen. Dann, verspricht die Frau, wird Anna erscheinen. In der Burgküche brennt ein heimeliges Feuer, das die kalten Kinderhände schnell erwärmt. Die Kräuter werden ins Feuer geworfen, die Zauberworte aufgesagt. Beim vierten Mal klappt es. Anna erscheint, überrascht, wieder in der Burg zu sein und schon wieder so viele Kinder zu Besuch zu haben.

Heiraten will das Edelfräulein den bösen Grafen aber nicht. Anna hat eine bessere Idee. Sie möchte den Geist mit Hilfe der Kinder in die Hölle jagen. Dafür braucht es nur ein Weihnachtslied, denn Weihnachten hasst der Graf. Genauso übrigens wie kochen und backen. Also nehmen die Jäger die "Weihnachtsbäckerei" und proben das Lied lautstark. Anna ist begeistert.

Sie zieht mit ihren Helfern zum Rittersaal. Dort wabert schon Rauch durch eine Tür. Ob das der Graf ist? Mit teuflisch guter Laune begrüßt er Anna und versucht, sie zu sich zu ziehen. Eine Höllenpriesterin erscheint. Sie hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Jennifer Morscheiser. Der Graf kreischt, die Kinder singen, der Graf flucht, die Kinder singen weiter. Dann ist es geschafft. Der böse Graf ist in der Hölle verschwunden.

Und siehe da: Der als Geisel genommene Sechsjährige ist auch wieder da. So endet die Gespensterführung durch die Burg mit zufriedenen Kindergesichtern. Mit einem Schoko-Goldtaler als Belohnung verlassen die Nachwuchs-Geisterjäger das alte Gemäuer. Und sind sich ganz sicher. Jetzt gibt es wirklich keine Gespenster mehr auf Burg Linn.

(bk)
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