Krefeld Grimm modern: Wie die Bremer Stadtmusikanten in Wacken rocken

Krefeld · Im Uerdinger Baytreff liegt aufgeregtes Kindergeschwatze in der Luft, die Halle ist gefüllt bis auf den letzten Platz, der Vorhang der Bühne noch geschlossen. Es gongt - einmal, zweimal, dreimal -, das Licht geht aus, die Kinder werden leiser. Der Vorhang öffnet sich und gibt den Blick auf ein Wirtshaus frei. Hier sitzt die schlecht gelaunte Dorfgemeinschaft beisammen und bläst Trübsal. Gerade recht kommen da Olli Berger und seine Assistentin, die Versicherungen verkaufen und den Bürgern des Dorfes versprechen, mit ihren Tipps in 30 Tagen reich werden zu können. Auch in diesem Jahr führt die Bayer Laienspielgruppe ein Weihnachtsmärchen auf. Die Wahl fiel auf die Bremer Stadtmusikanten. Am Samstag war Premiere, zu der 450 Zuschauer kamen.

 Szene aus dem auf modern getrimmten Märchenspiel "Die Bremer Stadtmusikanten" der Laienspielgruppe Bayer Uerdingen.

Szene aus dem auf modern getrimmten Märchenspiel "Die Bremer Stadtmusikanten" der Laienspielgruppe Bayer Uerdingen.

Foto: Thomas lammertz

Der pensionierte Schauspieler Matthias Oelrich hat sich das Grimmsche Märchen vorgenommen und daraus eine modernere Version für die Laienschauspieler verfasst. Die Handlung im Theaterstück gleicht der der Urfassung, dennoch gibt es einige feine Unterschiede: Zu Beginn werden die vier Tiere Esel, Hund, Katze und Hahn aus ihrem Dorf verjagt, weil sie die Familien zu viel kosten. Da singen die Moritatensängerinnen: "Wozu sind die Leute fähig, geht es ihnen nur ums Geld." Ihr Gesang rahmt die Handlung ein und führt den Zuschauer durch die Geschichte.

Zufällig begegnen sich Horst der Hahn, Grauer der Esel, Miezi vom Moulin Rouge, die Katze mit französischem Migrationshintergrund, und der Hund. Sie schließen sich zusammen und nennen sich Bremer Stadtmusikanten. Zusammen wandern sie Richtung Bremen, doch auf dem Weg stolpern sie über ein Räuberhaus. Sie vergraulen die Räuber und entscheiden sich zu bleiben.

Die Schauspieler sind eine eingeschworene Gemeinschaft und größtenteils schon seit vielen Jahren dabei. Regisseur Oelrich, der seit fünf Jahren die Texte verfasst, schreibt ihnen die Rollen auf den Leib und sorgt dafür, dass es möglichst viele Rollen zu vergeben gibt. Rund 50 Leute sind an der Inszenierung beteiligt. 20 auf der Bühne, der Rest arbeitet an Kostümen, Bühnenbild, Ton, Musik, Choreographie und Requisite. Ihm ist es wichtig, die ganz Kleinen früh einzugliedern. Oftmals stehen ganze Familien auf der Bühne. Jetzt schon sind die "7 Zwerge" ein echter Publikumsliebling. Die haben sich nämlich im Märchen verirrt und kreuzen das ein oder andere Mal unvorhersehbar die Bühne.

Nicht nur die Kinder hatten Spaß. Das Stück birgt einige Pointen, bei denen die älteren Besucher auch auf ihre Kosten kommen. So etwa, als die Räuber sich eine neue Beschäftigung suchen und ihre erste Wahl in Sachen sicherer Job auf den öffentlichen Dienst fällt - aufs Finanzamt oder den Zoll.

Das Stück schließt mit dem ersten Auftritt der vier Tiere als Bremer Stadtmusikanten. Veranstaltungsort: ein Kaff namens Wacken. Titelsong: "We will rock you".

(RP)
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