Krefeld Glanz und Elend der Hollywood-Diven

Krefeld · Einen Abend in den Arbeitskulissen der Traumfabrik und eine schillernde Evergreen-Parade beschert Roland Hüve dem Publikum mit "Marlene, Judy, Marilyn - Endstation Hollywood". Das Publikum feierte die Uraufführung im Theater.

 Drei Legenden, drei Ausnahmeerscheinungen, drei am wahren Leben Zerbrochene: Marilyn Monroe (Debra Hays), Judy Garland (Gabriela Kuhn) und Marlene Dietrich (Susanne Seefing).

Drei Legenden, drei Ausnahmeerscheinungen, drei am wahren Leben Zerbrochene: Marilyn Monroe (Debra Hays), Judy Garland (Gabriela Kuhn) und Marlene Dietrich (Susanne Seefing).

Foto: Matthias Stutte

Natürlich ist alles nur Illusion: Marlene Dietrich trifft Judy Garland und Marilyn Monroe in der gemeinsamen Garderobe und sagt: "Miss Garland, Miss Monroe, der Kaffee ist fertig". Diese Begegnung hat es nie gegeben - es gab nicht einmal diesen Abend. Denn die Dietrich glaubt sich in Sydney 1975, die Garland schreibt das Jahr 1969 in Kopenhagen, nach Monroe-Zeitrechnung ist es 1962 und MM muss gleich für John F. Kennedy "Happy Birthday, Mr. President" ins Mikro hauchen. Für jede ist es das letzte große Konzert. Wenige Monate später werden Garland und Monroe tot sein und die Dietrich sich nach einem Oberschenkelbruch in ein Pariser Apartment verkriechen - auch ein Abschied für immer. Doch das wissen sie an diesem Abend noch nicht. Und so feiern sie das Showglitzern, den großen Auftritt, die unvergessenen Songs. Und das Publikum bei der Premiere feierte kräftig mit: "Diamonds are a Girl's best friend", die "Fesche Lola" und "Get Happy" verfehlen ihre Wirkung nicht.

Roland Hüve, der vom Gemeinschaftstheater den Auftrag hatte, ein musikalisch-szenisches Stück für drei Sängerinnen zu schreiben, hat in "Marlene, Judy, Marilyn - Endstation Hollywood" die letzten Auftritte der Show-Ikonen zusammengeknüpft. Wie in der Traumfabrik ist im Theater alles möglich. Sogar die Verwandlung dreier Sängerinnen vom Niederrhein zu Glamour-Diven. Denn auch "La Dittrick", das ewige Wunderkind Judy und Sexgöttin Marilyn sind ja nur von Hollywood gemacht worden. Norma Jean (wie Marilyn bürgerlich hieß) brauchte Platinblond, hochgeschnürte Brüste, handgefertigte Wimpern und sechs Stunden Make-up, bevor sie als MM ins Scheinwerferlicht trat. Debra Hays ist die, die sich anfangs ein bisschen gebremst, aber dann zunehmend lustvoll in Marilyn verwandelt. Leicht naiv, ziemlich desillusioniert und völlig überfordert mit ihrem Image, das sie perfiderweise selber nahezu besessen erfüllt: Popo-Wackeln, Augen halb schließen - und durch. Sie singt die Hits, als seien sie für sie geschrieben - sogar mit dem typischen Gurren. Gabriela Kuhn schlüpft in die Haut von Judy Garland. Mit 15 war die bereits süchtig, den "Zauberer von Oz" hat sie unter Drogen gedreht. Am Set zeigte sie Kinderkulleraugen, wenn die Kameras aus waren, suchte sie amouröse Abenteuer. Die Kessheit des ewigen Kinderstars steht Kuhn, aber auch böse Bissigkeit setzt sie trefflich ein. Die Garderobe, die Siegfried E. Mayer entworfen hat, ist der Ort der bitteren Wahrheiten über zu viele Pillen, zu viele Männer, zu viele Ängste. Susanne Seefing hat die schwierigste Aufgabe. Mit ihrem feinen Mezzo ist sie meilenweit entfernt vom kühl-herben Chanson-Timbre Dietrichs. Doch Mimik und Gestik hat sie drauf, auch die verbalen Tiefschläge, die so garnicht ladylike sind, und die sie austeilt, wenn es um ihre Rolle in der Nazizeit geht. Dass "Johnny, wenn du Geburtstag hast" nun hell und klar, statt dunkel-verrucht klingt - Schwamm drüber.

Hüve hat die Biografien der Stars studiert, nach den Brüchen und Abgründen in ihrem wirklichen Leben gesucht, weil er keinen "Best-of"-Songabend wollte. Ein bisschen ist er das doch geworden, trotz der zweiten Sinn-Ebene. Aber das macht gar nichts. Die musikalischen Hinterlassenschaften der Leinwand-Legenden sind unsterblich. Heinz Hox (Klavier) hat sie so arrangiert, dass seine Combo wie eine Mini-Big-Band klingt, die an jeder Showtreppe bestehen kann: Marcus Bartelt (Saxofon, Klarinette, Flöte), Nico Brandenburg (Bass) und Andy Pilger (Schlagzeug) glänzen in allen Nummern - und bereiten den Damen doch auch gefühlvoll den roten Teppich für große stimmliche Auftritte. Zum Finale jagt selbst das so abgegriffene "Over the Rainbow" noch Schauer übers Trommelfell. Und das kommt an.

Weitere Vorstellungen: 29. September, 1. und 3. Oktober, 8. November, 22. Dezember sowie weitere Vorstellungen bis Juni 2016. Kartentelefon: 02151 805125.

(RP)
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