Krefeld Gelungener Jazzabend vor historischer Kulisse

Krefeld · Wetter und Stimmung waren optimal beim 32. Festival "Jazz an einem Sommerabend" auf dem Rasenrund vor der Burg Linn.

 Im Schatten der Burg Linn luden Trompeter Frederik Köster und Band zu einem Streifzug durch das aktuelle Album "Tension/Release" ein.

Im Schatten der Burg Linn luden Trompeter Frederik Köster und Band zu einem Streifzug durch das aktuelle Album "Tension/Release" ein.

Foto: Thomas Lammertz

Es passte alles - am Samstag beim Festival "Jazz an einem Sommerabend" vor der Kulisse von Burg Linn: Bestens gelaunt waren Trompeter Frederik Köster samt Band, und der Streifzug durch sein aktuelles Album "Tension/Release" bot viel Abwechslung. Dabei ragten besonders die ineinander übergehenden Stücke "Ocean Park" und "What The Heck" heraus. Mit entschiedenem, stets klar konturiertem Ton und zurückhaltend, aber wirkungsvoll eingesetzten elektronischen Zutaten weckte Köster Erinnerungen an Frank Zappa, dessen langjähriger Wohnort in Los Angeles den Titel gegeben hatte, und vor allem Joscha Oetz am Kontrabass begeisterte mit ausführlichen Passagen voller Esprit.

Mit swingendem Piano leitete Sebastian Sternal dann die Entstehung eines funky-undergroundig und doch dezent groovenden Klangteppichs ein, Köster ließ darüber Trompetentöne wie Kometen vorbeisausen, und Nils Tegen setzte sparsam aber pfiffig Akzente am Schlagzeug. Mal hymnisch, mal exotisch, mal barock, mal boppig, entwickelte das Quartett ein fein ausdifferenziertes Klangbild von hoher Intensität und Eigenständigkeit, und in der Zugabe erlebte das begeisterte Publikum den Bandleader auch noch als Sänger einiger balladesker Zeilen von James Joyce. Frei improvisierte Percussion-Musik für menschliche Stimme und Schlagzeug präsentierte dann das Schaerer-Niggli-Duo aus der Schweiz.

Dabei klang die Stimme von Andreas Schaerer, der früher schon im Jazzkeller mit der Band "Hildegard lernt fliegen" begeistert hatte, durchaus nicht immer menschlich. Außer Schnalzlauten und schamanischem Singsang kamen auch Vogelschreie, Reifenquietschen, Zischgeräusche einer Dampfmaschine und etliches mehr aus Schaerers Mund, während Schlagzeuger Lukas Niggli die Akrobatik des Vokalisten mit seinen Mitteln noch weiter verdichtete. Stets im Dialog miteinander, oft virtuos polyrhythmisch, dabei filigran im Einzelnen und konsequent im Auf- und Abbau von Steigerungen überzeugten sie durch ein ideenreiches Set, auch wenn nicht alle Zuhörer ihnen folgen mochten.

Die gute Laune trübte dies aber nicht. Weit mehr Gäste hatten sich wieder vor der mittelalterlichen Kulisse der Burg versammelt als im ungewöhnlich schwach besuchten vergangenen Jahr, auch das Catering des Jazzkeller-Teams und der Crew von "Salt 'n' Pepper" kam bestens an, und so harrten aller Augen und Ohren geduldig des Joshua Redman Quartetts, um das sich der Jazzklub Krefeld schon seit zehn Jahren für sein Festival bemüht hat.

Denn der hoch dekorierte Sohn des seinerseits berühmten Dewey Redman galt bis zur Entdeckung von Rudresh Mahanthappa als der zeitgenössische Jazz-Saxophonist schlechthin. Nachdem er im März 2013 als ensemble-dienlich spielender Gastmusiker des Trondheim Jazz Orchestras im Stadttheater gastiert hatte, fand er nun endlich auch als Bandleader Zeit für die Krefelder. Mit Kevin Hays, der sein Piano mit einer Prise Monk bis kurz vor Boogie pulsieren ließ, dem stark melodie-orientierten Joe Sanders am Bass und dem äußerst feinsinnigen Jorge Rossy am Schlagzeug lebte Redman sein Faible für Soul-Musik aus, allerdings wesentlich gezügelter als etwa der große Eddie Harris in "Compared To What". Eine Reihe neuer Eigenkompositionen und Standards wie Charlie Parkers "Scrapple From The Apple" bestachen vornehmlich durch Eleganz, hatten aber auch Biss und wurden vom Publikum enthusiastisch gefeiert.

(RP)
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