Krefeld Geldstrafe für Todesfahrer von Dießem

Krefeld · Mit einem Schuldspruch endete gestern der Prozess gegen den Lkw-Fahrer, der am 7. August vergangenen Jahres mit seinem Betonmischer einen 22-jährigen Radfahrer erfasst hatte. Der junge Mann starb auf dem Weg ins Krankenhaus.

 7. August 2012: An der Kreuzung Neue Ritterstraße und Dießemer Bruch ereignete sich ein folgenschwerer Unfall. Ein 22 Jahre alter Radfahrer wurde bei einem Zusammenstoß mit einem Lastwagen so schwer verletzt, dass er starb.

7. August 2012: An der Kreuzung Neue Ritterstraße und Dießemer Bruch ereignete sich ein folgenschwerer Unfall. Ein 22 Jahre alter Radfahrer wurde bei einem Zusammenstoß mit einem Lastwagen so schwer verletzt, dass er starb.

Foto: Bastian Königs

Das Urteil ist gesprochen. Ratlos und still sitzen die Zuschauer auf den harten Holzbänken in Saal 205 des Krefelder Amtsgerichtes. Gerechtigkeit kann es in diesem tragischen Fall kaum geben. Ein junger Mann ist tot. Er wurde gerade mal 22 Jahre alt. Seine Oma sitzt unter den Zuhörern und wischt sich mit dem Taschentuch die Tränen ab. "Er hatte das ganze Leben noch vor sich. Und jetzt eine Geldstrafe." Die alte Dame schüttelt verständnislos den Kopf.

Kurz zuvor war der Fahrer des Unfall-Lkws, der ihren Enkel erfasst hatte, wegen fahrlässiger Tötung und Verletzung der Sorgfaltspflicht zu einer Geldstrafe verurteilt worden: 180 Tagessätze à 50 Euro, umgerechnet 9000 Euro. Ceslak B., der Angeklagte, nimmt das für manche Ohren milde klingende Urteil ohne erkennbare Regung auf. Es scheint ihm nicht wirklich wichtig zu ein. "Ich bedauere den Vorfall zutiefst", hatte er am Anfang der Verhandlung in gebrochenem Deutsch gesagt. Und am Ende: "Die Bilder sind in meinem Kopf. Ich kann sie nie löschen." Auch sein Leben scheint verwirkt. Seit dem Unfall ist der 54-jährige Berufskraftfahrer krankgeschrieben und in psychologischer Behandlung. Ob er jemals wieder einen Laster steuern wird, ist mehr als unsicher.

"Ich habe zweimal in die Spiegel geschaut", beteuerte er während der Verhandlung. Vermutlich aber nicht zum entscheidenden Zeitpunkt, wie der Sachverständige gestern in seiner Rekonstruktion des Unfalls feststellte. Am besagten Dienstag hatte der erfahrene Lkw-Fahrer bereits drei Touren zur Baustelle hinter sich und war zum vierten Mal mit seinem Betonmischer auf der Neue Ritterstraße Richtung Dießemer Bruch unterwegs. An der Ampel musste er halten. Mehrere Autos standen vor ihm.

Ein Zeuge, der aus Richtung Verschubbahnhof links auf den Dießemer Bruch einbog, sah den Betonmischer und auch den Radfahrer. Vor Gericht gab er gestern an, dass er gesehen habe, wie der Radler, der sich auf Höhe der hinteren Lkw-Achse befunden habe, im Sattel aufgestanden sei, so als wolle er Gas geben, um die grüne Ampel zu erwischen. Er hätte noch gedacht: "Hoffentlich sieht der Lkw-Fahrer die Aktion."

Die Rekonstruktion des Unfalls ergab nun: Für ungefähr drei Sekunden hätte der Fahrer den Radler in diesem Moment sehen können. Alle erforderlichen Spiegel waren vorhanden und auch richtig eingestellt. Es wäre auch die Pflicht des 54-Jährigen gewesen, in genau diesem Moment vor dem Anfahren in den Spiegel zu schauen, wie die Richterin unmissverständlich klar machte. Beim eigentlichen Abbiegevorgang sei der 22-Jährige auf seinem Rad aus dem Führerhaus heraus nicht mehr zu sehen gewesen. Allerdings: Hätte der Lkw-Fahrer rechtzeitig geschaut, hätte er einfach geradeaus weiterfahren und so einen Zusammenstoß verhindern können, so der Sachverständige.

Was sich einfach anhört, hat sich in Sekundenbruchteilen abgespielt. Sekunden, die über Leben und Tod entschieden. Das betonte auch die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. "Der Angeklagte hätte den Radfahrer sehen müssen, wenn er in den Rückspiegel geguckt hätte. Er hätte ihn durchfahren lassen müssen." Und: "Es hätte ausgereicht, wenn er das Lenkrad nicht eingeschlagen hätte."

Die Richterin berücksichtigte jedoch auch, dass der 54-Jährige wie ausgesagt in den Spiegel geschaut haben könnte, allerdings bevor der Radfahrer an der Stelle war, an der er ihn sehen konnte. "Ich muss außerdem berücksichtigen, dass Sie durch das Erlebte schon bestraft sind." Auch der Radfahrer hat sich aus Sicht der Richterin unvorsichtig verhalten und war ein Risiko eingegangen, als er versuchte, den Lkw zu überholen. Die Richterin rät Radlern, sich nicht auf die Vorfahrt zu verlassen, sondern einer Konfrontation mit einem Lastwagen in jedem Fall aus dem Wege zu gehen — der eigenen Sicherheit zuliebe.

(RP/rl)
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