Krefeld Gedankenflüge eine Fernseh-Stars

Krefeld · Zum Auftakt der Krefelder Lesungen des Literarischen Sommers las Günther Maria Halmer aus seiner Autobiografie "Fliegen kann jeder". Und weil besondere Leseorte zum Konzept dieser Reihe gehören, hatten Anette Ostrowski vom Niederrheinischen Literaturhaus und Evelyn Buchholz von der Mediothek die Restauration am Flugplatz in Traar ausgewählt.

 Mikrofontechnisch schon verkabelt für seine Lesung: Günther Maria Halmer auf dem Flugplatz Egelsberg.

Mikrofontechnisch schon verkabelt für seine Lesung: Günther Maria Halmer auf dem Flugplatz Egelsberg.

Foto: Thomas Lammertz

Dort begrüßte Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW den Mimen vor ausverkauften Stuhlreihen mit der etwas provokanten Frage, ob er alles aufgeschrieben habe, was das Publikum wissen solle, bevor es anfange, nach Dingen zu fragen, die es nicht wissen solle. Das war freilich nicht so ernst gemeint, und der 74-jährige Halmer erzählte, dass er dem Drängen eines Verlegers schließlich nachgegeben habe, bevor er - älter werdend - zu viel vergessen hätte, um dann bei der Arbeit am Buch zu seinem eigenen Erstaunen festzustellen, wie viel an Erinnerung er nach und nach habe zutage fördern können. Und so lud er die Besucher ein, mit ihm auf eine Reise in sein Leben zu gehen und zu erfahren, wie er zur Schauspielerei gekommen war.

Die Ausgangsbedingungen waren eher ungünstig, denn im bayerischen Kleinstadtmief von Rosenheim zu Beginn der 1950er Jahre und streng gehalten vom katholisch geprägten Vater, fühlte sich der Junge hoffnungslos deplatziert. Es habe damals eben noch keinen neuen Gesellschaftsentwurf gegeben, der die Nazi-Ideologie und den wilhelminisch-autoritären Boden, auf dem sie gediehen war, hätte ablösen können, konstatierte Halmer in feinsinniger Formulierung. Die Folge für ihn war eine fast ununterbrochene Kette von Versagenserlebnissen in allen Lebensbereichen.

Zum Fluchtpunkt für den demoralisierten Teenager wurde der Kinosaal. Mit Helden wie Elvis Presley, Alain Delon, Horst Buchholz und Jean Paul Belmondo konnte er sich identifizieren und träumte sich in ein besseres Ego hinein, das jedoch stets rasch wieder in sich zusammenfiel. Auch in Sachen Berufswahl litt er unter totaler Orientierungslosigkeit, ließ sich sogar - unangepasst, wie er war - widerstandslos zur Bundeswehr einziehen, weil er sich dort Impulse erhoffte. Aber auch dort eckte er nur an. Eine missglückte Hotelfachlehre, eine Episode als Bohémien in Paris und 18 Monate als Arbeiter in einer Asbestmine im Norden Kanadas gehörten zu den vielen Umwegen, die Halmer mit selbstironischer Distanz schilderte, bis ein eher unscheinbares Gespräch ihn motivierte, sich in München an der renommierten Schauspielschule Falkenberg zu bewerben. Dass er angenommen wurde, verblüffte niemanden mehr als ihn selbst.

Halmer fühlte sich sichtlich wohl, las mit kräftiger, ausdrucksstarker Stimme, gewichtete allerdings die Auszüge ein wenig ungeschickt, hielt sich zum Beispiel an der Bundeswehrzeit viel zu lange auf. Mehr Zeit hätte er sich für die Schilderung seiner Falkenberg-Jahre nehmen sollen, die er sehr interessant anriss, aber dann nicht mehr recht vertiefen konnte.

Weitere Lesungen in Krefeld:13. Juli: Nina Weller, KELD im KWM; 18. Juli: Svenja Gräfen, Fabrik Heeder; 27. Juli ., Jaap Robben, Mediothek www.literarischer-sommer.eu

(RP)
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