Krefeld Ganz bei sich — Godoj in der Kufa

Krefeld · Der 32-jährige Sänger begeisterte seine 600 Fans mit rockigen Songs und bewies, dass auch ehemalige Gewinner der Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" echte Musiker sein können. "Mich gab es auch schon vorher", sagte er unter dem Jubel des Publikums.

Den entscheidenden Satz sagte Thomas Godoj schon nach wenigen Liedern. "Mich gab's eben schon vor der Castingshow." Er fasst alles zusammen, was seinen heutigen Erfolg ausmacht, auch wenn er keinen "Superstar"-Maßstäben entspricht. Der 32-Jährige ist unaufgeregt, etwas schnoddrig und macht das, was man landläufig "ehrliche" Musik nennt: selbst geschriebene Texte zu rockiger Musik, die eine Band spielt, deren Mitglieder sich seit Jahren kennen.

Keine schreienden Teenies

Die rund 600 Fans in der Kufa jubeln bei diesem Satz, er ist eine Kampfansage an alle jene, die in ihm immer noch den "Deutschland sucht den Superstar"-Heini sehen, der aus Versehen ein bisschen Ruhm erhaschen durfte. Mit der ganz großen Karriere — ohnehin ein heuchlerisches Versprechen — wurde es nichts, aber er ist eben wieder ganz bei sich. Keine gekünstelten Gesten, kein Pomp, sondern ein Mann mit Mikro, der offenbar nichts lieber tut, als den Leuten seine Songs entgegen zu schmettern.

Das Publikum ist mit ihm zusammen aus der DSDS-Ära heraus gewachsen. Es wirkt sogar so, als habe es ihn erst danach richtig entdeckt: Statt schreiender Teenies mit hektisch hochgereckten Fotohandys stehen da Männer und Frauen im mittleren Alter, die Konzerte nicht besuchen, um zu schmachten, sondern um zu genießen. "Wie geht's euch, Krefeld?" ruft Godoj in den Saal und legt direkt los. Die ersten Songs spielt er ohne Pause, fast wirkt es, als flüchte er sich ins Singen, um nicht reden zu müssen.

Die Animier-Gesten wirken etwas ungelenk, er läuft von der einen Seite der Bühne zur anderen und sucht häufig den Blickkontakt zu seinen Kumpels an den Instrumenten. Erst als er merkt, dass er unter seines Gleichen ist, dass die Leute genau das mögen, was er ihnen liefert, spricht er sie direkt an und sagt diesen befreienden Satz, der alles erklärt.

Sänger und Publikum sind jetzt eine verschworene Gemeinschaft, der es egal ist, was andere da draußen denken. Und würde die Casting-Industrie nicht tatsächlich überwiegend austauschbare Popstar-Darsteller produzieren, könnte man es ungerecht finden, dass ihm dieser Makel anhängt. Denn Lieder wie "Autopilot" oder "Nicht allein" sind eingängige Stücke mit durchaus nachdenkenswerten Texten, die so auch auf ein Album von Erfolgsbands wie Silbermond oder Revolverheld passen würden.

Er spielt rund zwei Stunden, wechselt von zappeligen Rocksongs zu stillen Balladen und reichert seinen Auftritt mit kurzen Anekdoten über seine angeblich wilde Zeit in Krefeld an. "Früher war ich oft hier, um einen Kumpel zu besuchen. Wir haben die Stadt ganz schön platt gemacht."

Die Leute nehmen es dankbar auf, auch wenn er diese versteckt-anbiederischen Sprüche gar nicht braucht. Er ist ein Star, wenn auch ein kleiner, und er hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber vielen anderen Casting-Gewinnern: Nach dem großen Rampenlicht ist er weder zum nervigen C-Promi geworden, noch komplett abgetaucht. Er wurde einfach wieder, wer er war.

(RP)
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