Krefeld Frohe Weihnachten mit Hilde und Erwin

Krefeld · Im Theater hinten links feierte am Wochenende das Stück "Hilde, der Baum brennt" von Peter Gutowski Premiere.

 Die liebe Hilde mag so gerne Weihnachten. Ihren Mann Erwin interessiert das überhaupt nicht. Er will seine Ruhe. Die hat er auch, als Hilde einen Stromschlag bekommt. Oder ist es mit der Ruhe schon bald wieder vorbei?

Die liebe Hilde mag so gerne Weihnachten. Ihren Mann Erwin interessiert das überhaupt nicht. Er will seine Ruhe. Die hat er auch, als Hilde einen Stromschlag bekommt. Oder ist es mit der Ruhe schon bald wieder vorbei?

Foto: Theater hinten links

Vom seichten Weihnachtsfest einer überdrehten Ehefrau und ihrem desinteressierten Mann bis hin zu einer Untoten - "Hilde, der Baum brennt" (der Satz kommt bewusst nicht einmal vor) bietet den Zuschauern viel Schrecklich-Schönes. Sie bekommen ein Stück geboten, das von leichter Komik bis zu nachdenklichen Anregungen und der Frage, ob das Dargestellte nun Realität, Traum oder einfach ein Hirngespinst ist, alles geboten. Dabei erinnert die Anfangssequenz an den berühmten Loriot-Comic, in dem der Mann nur im Sessel sitzen und lesen will, während die Frau ihn zu allerlei Aktivitäten zu ermuntern versucht. Auch hier sitzt Erwin, der Mann, auf dem Sofa und liest seine Zeitung, während im Hintergrund seine liebste TV-Sendung läuft: Ukrainisches Musikfernsehen: Da muss er nicht zuhören. Ruslan Maximovski spielt die Rolle des Fernsehansagers e und die des Musikers mit Akkordeon überzeugend und liefert eine stetige Untermalung des Stückes mit seinen Weihnachtsliedern. Auf Russisch erzählt er vor jedem Lied die Geschichte desselben, während Erwin auf dem Sofa sitzt und Hilde, seine Frau, gezwungen Weihnachtsatmosphäre verbreitet.

Dies allerdings geht an vielen Stellen schief. So packt sie beispielsweise die Geschenke für Freunde ein. Diese sind, gelinde gesagt, schlecht gewählt. Der militante Veganer bekommt Wüstchen geschenkt, während der Alkoholiker mit Weinbrandbohnen und der Fußamputierte mit einem Pediküreset bedacht wird. Dabei versucht sie stets angestrengt, ihren Mann einzubeziehen. Hier entstehen immer wieder höchst komische Episoden, die die Besucher zu vielen Lachern und Applaus animieren. Es ist zu diesem Zeitpunkt eine leichte, gut gemachte Komödie, die aber plötzlich buchstäblich mit einem Knall eine andere Wendung bekommt. Denn Hilde bekommt beim Einschalten der Christbaumbeleuchtung einen Stromschlag. Erwin ist eher erfreut über ihren Tod, da er fortan seine Ruhe hat - bis Hilde zurückkehrt. Als Zombie oder Traumgestalt? Das ist die Frage, die letztlich der Zuschauer für sich beantworten muss. Alles geht von vorn los - die gleichen Handlungen, die gleichen Aussagen. Nur mit einem Erwin, der nicht mehr passiv gelangweilt, sondern erschreckt und eingeschüchtert reagiert. Aus der seichten und aufgesetzten Besinnlichkeit wird eine teils bedrückende Atmosphäre. Durch andere Kostümierung, Beleuchtung und anderes Spiel der überzeugenden Anuschka Gutowski wird die nervig-friedfertige Hilde zu einer bedrohlichen und einschüchternden Figur.

Das Publikum reagierte begeistert auf die Darbietung und verabschiedete die Darsteller mit lang andauernden Ovationen. Peter Gutowski wollte nach eigener Aussage ursprünglich eine Komödie schreiben - am Ende bekam sie auch düstere Elemente, die dem Stück aber sehr gut tun und ihm eine interessante Dimension geben, die Raum für Interpretation lässt.

(RP)
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