Krefeld Freischaffende glänzen im städtischen Haus

Krefeld · Generalintendant Michael Grosse pflegt den Kontakt zu den zahlreichen Theatermachern der freien Krefelder Szene.

 Kleinkunst in Krefelder Mundart: Das Marionettentheater der "Krieewelsche Pappköpp" begeisterte die großen und kleinen Gäste im Stadttheater.

Kleinkunst in Krefelder Mundart: Das Marionettentheater der "Krieewelsche Pappköpp" begeisterte die großen und kleinen Gäste im Stadttheater.

Foto: Mocnik

Michael Grosse, Generalintendant des Theaters Krefeld und Mönchengladbach, hält nichts von abgeschotteten Kulturhochburgen, sondern führt ein offenes Haus und pflegt den Kontakt zu den zahlreichen Theatermachern der freien Krefelder Szene und ihrem Publikum. So war auch das "Theaterfest XXL" am Samstag zu verstehen, zu dem das städtische Haus die Freischaffenden eingeladen hatte - und die waren gern gekommen.

Den Auftakt aber machten die Niederrheinischen Sinfoniker mit einem Kinderkonzert. Hans Christian Andersens Märchen vom Mistkäfer, der sich aus dem kaiserlichen Pferdestall auf eine abenteuerliche Reise begab, wurde sowohl in Klängen als auch in Worten erzählt. Kiko (Paula Emmerich) sprach Deutsch, Omar El-Saiedi wiederholte die Passagen in arabischer Sprache. Und die ist von solchem Wohlklang, dass sie bei einem guten Sprecher wie El-Saiedi selbst zu einem Stück Musik wird.

Die instrumentalen Parts, Kompositionen des Zeitgenossen Andreas N. Tarkmann, porträtierten wunderbar den Kaiser auf dem Cello, den Mistkäfer auf dem Fagott, die Ameisen mit Marschmusik und so weiter, und zauberhaft gelang die Umsetzung unter der Leitung von Andreas Fellner, der speziell für seine musikalische Kinderarbeit weit über Krefeld hinaus geschätzt wird. Die Zweisprachigkeit wurde vom seinerseits gemischten Publikum gut angenommen, auch wenn sie gelegentlich zu gewissen Längen führte.

An diese Vorstellung schloss sich die erste von insgesamt acht "Steinzeit"-Performances des TAM im Theaterforum an. "Wir haben uns bewusst was Offenes ausgedacht", erzählte TAM-Chef Pit Therre, "etwas nicht fertig Fabriziertes, in das sich die Leute, wenn sie wollen, selbst hineindenken können, und was akustisch auch nicht mit den anderen Aktivitäten rundum kollidiert." Ein Mann, in der ersten Performance Alfred Pollmann, trug Mauersteine von einer Holzpalette zu einer anderen, immer zwei und zwei, und schichtete sie dort neu auf. Unterwegs kam er jedes Mal an einem Stuhl und einem Kasten Bier vorbei, denen er sich aber erst nach getaner Arbeit und auch dann nur ganz kurz widmete, um sogleich mit dem Zurückräumen der Steine zu beginnen. Wichtiger Bestandteil dieser Performance sind die Kommentare der Zuschauer. Oftmals - so Therre - fühlen sie sich an die vergeblichen Mühen des Sisyphos erinnert.

Unterdessen ließ sich die integrative Theatergruppe "Hieriswaslos" beim Proben im Glasfoyer in die Karten schauen. Am Fuß der großen Treppe stellten sich wenig später Mitglieder des Operchors mit ihrer Leiterin Maria Benyumova im Halbkreis auf und gewährten ihrerseits Einblicke in ihre Probenarbeit. Anhand von Kompositionen von Brahms, Hindemith und Buxtehude vermittelten sie einen sehr plastischen Eindruck davon, wie in einem Chor mit den verschiedenen Stimmgruppen die richtige Dynamik erarbeitet wird - oder aber, wie es klingt, wenn man undifferenziert drauflos singt.

Weitere Attraktionen waren das Theater Blaues Haus, das Podio, der lange Tisch der Maskenbildner, das Kresch und das Theater hintenlinks. Das Phoenix Theater bot Englischsprachiges, und die Pappköpp, bzw. ihre Band "De Melmpüpers", erfreuten mit einem besonderen Juwel, nämlich mit dem US-Folk-Klassiker "Tom Dooley" in einer 58 Jahre alten Aufnahme des hierzulande fast vergessenen schottischen Skiffle-Königs Lonnie Donegan als Playback.

(RP)
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