Krefeld Finanznot: Stadt zieht Joker für höhere Steuereinnahmen

Krefeld · Die Kommune will auswärtige Firmen auf Dauerbaustellen im Stadtgebiet zur Gewerbesteuerzahlung heranziehen. Die ersten Briefe an Bauunternehmen sind schon heraus. Die Reaktion ist konstruktiv.

 Kämmerer Ulrich Cyprian hat eine neue Einnahmequelle entdeckt.

Kämmerer Ulrich Cyprian hat eine neue Einnahmequelle entdeckt.

Foto: TL

Während andere Städte und Gemeinden noch diskutieren, hat die Krefelder Finanzverwaltung schon gehandelt. Kämmerer Ulrich Cyprian und Fachbereichschef Peter Mertens wollen höhere Steuern einnehmen, um die Stadt finanziell wieder auf solide Beine zu stellen. Dazu sollen in Zukunft auch die Baufirmen ihren Beitrag leisten, die in der Seidenstadt Aufträge übernommen, aber ihren Firmen- oder Niederlassungssitz außerhalb der Stadtgrenzen haben. Auf Anhieb fallen Krefeldern Dauerbaustellen wie Ostwall, Primark und Kaiser-Wilhelm-Museum ein.

Inzwischen seien bereits zahlreiche Betriebe mit der Bitte angeschrieben worden, das zugeschickte Formblatt "zur erstmaligen Festsetzung von Gewerbesteuer-Vorauszahlungen" auszufüllen. Die Unternehmen seien "mitwirkungspflichtig", informierte Mertens. Die Zahl der angeschriebenen Firmen liege im "größeren zweistelligen Bereich". Die Zusammenarbeit sei konstruktiv, fasst der Fachbereichsleiter Finanzen die ersten Eindrücke zusammen.

Finanzpolitik am Hochreck, nennen Politiker aus der Stadt Neuss den Vorstoß, an zusätzliche Geldeinnahmen zu kommen. Laut Abgabenordnung können Bau- und Montagefirmen, die länger als sechs Monate in einer Kommune tätig waren, auch dann zur Zahlung von Gewerbesteuern herangezogen werden, wenn der Sitz des Unternehmens außerhalb der Stadtgrenzen liegt. Gewerbesteuerzerlegungserklärung lautet das Stichwort. Der Kuchen der zu zahlenden Gewerbesteuer bleibt gleich groß, wird aber anders verteilt. Dem Steuerpflichtigen kann es im Prinzip gleich sein, wo er seine Steuern zahlen muss. Es sei denn, der Krefelder Steuersatz ist deutlich höher als der in der Kommune, wo er sonst die Gewerbesteuern zahlt.

Ein schneller Erfolg des Krefelder Vorgehens, dem offenbar immer mehr Städte folgen, ist nicht zu erwarten. Das liegt am komplizierten Verfahren und den Möglichkeiten zur Steuergestaltung. Wichtig für die Bemessung ist die Höhe der "Lohnaufwendungen" auf der Baustelle in der Stadt Krefeld. Ob am Ende des Tages zusätzliches Geld in die Stadtkasse fließt und, wenn ja, in welcher Höhe, das lässt sich laut Cyprian und Mertens nicht absehen.

Trotz der Unwägbarkeiten bleiben die Krefelder Finanzexperten konsequent am Ball: Nicht nur die "recherchierten Firmen, die in Krefeld auf einer Großbaustelle tätig waren" erhalten Post aus dem Rathaus, sondern auch die zuständigen Hauptbetriebsfinanzämter werden über die Absicht aus der Seidenstadt informiert, den ihr zustehenden Teil der Steuerschuld der Baufirma ausgezahlt bekommen zu wollen.

"Einige wenige Firmen haben sich schon zur Zahlung von Gewerbesteuervorauszahlungen bereiterklärt", sagte Mertens auf Anfrage unserer Redaktion. Diejenigen, die toter Mann spielen und auf das Anschreiben der Krefelder Finanzverwaltung nicht reagieren wollen, dürfen sich auf erneute Post einstellen. "Wir fassen nach, wenn sich niemand meldet", betont der Fachbereichsleiter.

Für hoch verschuldete Städte und Gemeinden ist das Thema "Gewerbesteuerzerlegung" ein Strohhalm, nach dem es sich zu greifen lohnen könnte. In der Stadt Ahlen wurde eigens ein Mitarbeiter im Rathaus angestellt, der die Firmen aufspüren soll, die aus "Vereinfachungsgründen oder in Unkenntnis der entsprechenden Vorschrift" keine Gewerbesteuerzerlegungserklärung abgeben.

(sti)
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