Krefeld Expedition durch eine Kunst-Installation

Krefeld · Nicky Schwarzbach macht die Pförtnerloge zum "Universum der Kellerkinder". Heute ist Eröffnung.

 Blick in das "Universum der Kellerkinder". Die Gläser geben den Stücken eines vergangenen Alltags Wertigkeit. Das hat Poesie.

Blick in das "Universum der Kellerkinder". Die Gläser geben den Stücken eines vergangenen Alltags Wertigkeit. Das hat Poesie.

Foto: Thomas Lammertz

Nicky Schwarzbach blickt gelassen. Das fällt ihr vermutlich nicht leicht. Denn bei jedem Besucher, der die ehemalige Pförtnerloge in der Fabrik Heeder betritt, hält sie für einen Moment die Luft an: Nur nirgends anstoßen! Aus 100 Einmachgläsern hat sie eine Installation geschaffen, durch die man sich vorsichtig durchschlängeln kann. Die Annäherung an die Kunst wird zur Expedition - auch in die eigenen Erinnerungen. Denn Schwarzbach hat die Gläser mit Fundstücken gefüllt: mit Insekten, Tierknochenresten, Spielzeug, altem Werkzeug. Eine Fundgrube für die Fantasie. "Universum der Kellerkinder" nennt sie die Ausstellung, die heute, 19 Uhr, eröffnet wird.

Zum zehnten Mal bestückt der BBK (Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler) Nordrhein den Raum, der durch die Fenster an drei Seiten von außen einsehbar ist, gefördert vom Kulturbüro. "Das Konzept der offenen Galerie, bedeutet, dass die Künstler auf den Raum bezogen arbeiten", sagt Vorsitzende Claudia Reich. Nicky Schwarzbach, 1970 in Duisburg geboren, hat ihr Atelier "Widerborst" seit 2003 in Linn. Dort hat sie einen großen Fundus an Fundstücken. Treibstücke der Fantasie, die sich ansammeln, die sie auf Flohmärkten oder auch weggeworfen am Straßenrand entdeckt. Wie einen sichtlich abgeliebten Teddybären. "Der ist verloren gegangen. Welche Geschichte mag dahinter stecken", sagt sie. Gab es irgendwo ein trauriges Kind, das ihn vermisst hat? Jetzt blickt er aus einem der Gläser, das ihm geradezu Schutz zu bieten scheint.

Die Gläser sind in unterschiedlichen Höhen angebracht, manchmal ist Platz, um zwischen ihnen durchzugehen, mal muss man den Weg kurzfristig ändern. Dann fällt der Blick wie vom Zufallsgenerator gesteuert auf ein neues Glas. Jedes wirkt wie eine kleine Vitrine. Die Frage-und-Antwort-Karten erinnern an die Spiele der Kindheit, die Fledermaus und die riesigen Schlüssel an die Gespenstergeschichten, die man sich früher erzählte, der alte Schusterleisten eines Kinderschuhs an den Geruch von Leder und Arbeit. Melancholie ist hier durchaus erwünscht. "Kellerkinder sind Kinder, die für eine längere Zeit sich selbst überlassen sind. Nicht vernachlässigt, sondern frei für Entdeckungen. Trophäengleich sammeln sie, was sie fasziniert." Zwischen den 100 Schätzen findet jeder Besucher Requisiten für zahllose eigene Geschichten. "Es ist ein Spiegel der Zeit. In keinem anderen Land und zu keiner anderen Zeit sind diese Stücke so zu finden", sagt die Künstlerin.

Zur Eröffnung heute Abend ist die Ausstellung begehbar - jeweils in kleinen Gruppen. Nach Absprache gibt es weitere Termine, Telefon 02151 9340199. Sonst ist sie bis zum 12. März von außen einsehbar. Bei der Eröffnung heute werden Lose verkauft. Der Gewinner erhält ein "Kellerkinder-Universums-Glas".

(RP)
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